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Text zu: "Nachdem ich auf diser Haimraiß ..." – [1581]


Dieser Bericht stammt von Johann Baptist Fickler. Er wurde 1533 in Backnang/Württ. geboren. Als Jurist war er seit 1559 Sekretär des Fürsterzbischofs von Salzburg und stieg zum Protonotar und Kanzler auf. In den Jahren 1562-1564 wirkte er als Vertreter des Erzbischofs beim Konzil von Trient. Gegen Ende 1588 wechselte Fickler in bayerische Dienste und starb 1610 in München. – Hier beschreibt Fickler, wie er 1581 auf der Rückfahrt von einer Visitation von Graz nach Salzburg in einem Wirtshaus in Lauffen (an der Traun, nahe Bad Ischl) in Oberösterreich diesen evangelischen Spruch an die Wand geschrieben fand, der besagt, dass man sich vor den Wölfen im Schafspelz hüten solle. Gemeint sind damit die Mönche und katholischen Pfarrer, deren Schelmerei der verstorbenen Martin Luther an den Tag gebracht habe. Das weist darauf hin, dass in den habsburgischen Ländereien die Reformation Fuß gefasst hatte, was in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu Aufständen, Ausweisungen und Auswanderungswellen führte. – Fickler konnte übrigens nicht weiterreisen, ohne eine katholische Replik unter das Gedicht gesetzt zu haben.(WK)

Nachdem ich auf diser Haimraiß [von Graz nach Salzburg] meinen Weg nit nach Rastatt [Radstadt] sonder nach Aussee zu nam, alß den kürzern, gleichwol ungeschlachtern, kam ich von ietzgemeltem Aussee, da ich übernacht gelegen, des andern Tags in ein Dorf zum Morgenmal, zum Laufen genant, im Ländl ob der Enß, so alles Luthrisch, keret im Würtshauß daselbst ein. Alß ich nun über die Stiegen hinauf in das ober Zimmer gewisen und in das Fletz vor der Stuben kam, fand ich an einer weissen Maur nachvolgende Reimen mit ainem Rötelstain angeschriben:
Christus der Herr gibt gueten Beschaid:
"Hüetet euch vor denen im Schafsklaid,
Die auswendig füeren gueten Schein,
Inwendig aber reissende Wölf sein!"
Das sein alle Münch und Pfaffen,
Denen Doctor Martin Luther entschlafen
Ihr Schelmerei hat gebracht an Tag,
Darumb sie über ihne füeren so große Klag.

Qu: August Hartmann: Historische Volkslieder und Zeitgedichte, Band 1, München 1907, S. 69, Nr. 12 [1581.] TA: VMA/THZ-0151; Sprecher: Regina und Wolfgang Killermann (München); VMA 19.11.2017.