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Text zu: "Dö Pinzgara wolt'n kirfiart'n geh'n" - die Pinzgauer Wallfahrt
"Am Pfingstmontag sind um die Vesperzeit, die Bürgbaurn mit zwei Kreuzen ankommen, und nach ihrem uraltem Brauch, den sie ihnen nit nehmen lassen, gleich unter dem durch die hochfürstliche Musik gesungnem Magnificat, mit ihren andächtigen Rufen, so von wenigen verstanden werden, in die Kirchen hinein, um den Chor herum gangen, und ihren Gesang vollendet. Wann sie nun die andern Gottshäuser auch besucht haben, wird ihnen in dem Hofkeller, alter Gewohnheit nach, ein guter starker Trunk geboten." (Johann Stainhauser, Relation, 1616)
Die ersten Beschreibungen jenes Kirchgangs des Mitterpinzgaus nach Salzburg, den wir heute als "Pinzgauer Wallfahrt" bezeichnen, stammen aus den Jahren 1613 bzw. 1616.Die Kreuzgänge waren eine beliebte Gemeindeandacht. Das Verhältnis der Urpfarre zu ihren Tochtergründungen spiegelte sich darin wider, daß diese an bestimmten Festtagen, hinter den Kreuzträgern und "Volkssingern" ziehend, "als Kreuztrachten", Gottesdienste ihrer Mutterpfarre mitfeiern sollten. Die Kreuztrachten aus Zell am See und Saalfelden kamen schon seit dem Mittelalter zu den Kirchen der "Haupt- und Residenzstadt".Den Zellern soll der Titel "Getreue Knechte des hl. Rupertus" verliehen worden sein, weil sie sich 1526 den aufständischen Bauern, als einzige Gemeinde des Pinzgaus, nicht angeschlossen hatten. Aus den historischen Quellen ist eine besondere Treue der Gerichte Saalfelden und Zell zu Kardinal Matthäus Lang (1519-1540) nicht ersichtlich.Daß es, vor allem auf dem Rückmarsch, nicht immer gesittet zuging, mißfiel der Geistlichkeit bereits im 16. Jahrhundert. Auch die Sangesfreude dürfte sich auf dem Heimweg vom geistlichen zum weltlichen Gesang gewandelt haben.Was frühere Zeiten als Werkzeug zur Vertiefung der Frömmigkeit des einfachen Mannes erachteten, mußte dem Aufklärer Hieronymus Colloredo (1772-1803), dem letzten regierenden Fürsterzbischof, als religiöses Tandwerk erscheinen. Am 16. März 1789 stellte das Dekanat Zell, dann am 6. April auch das Dekanat Saalfelden die Bitte, daß in Zukunft "die kostspieligen und jeder sündhaften Ausschweifung Gelegenheit gebenden" Kreuzgänge nach Salzburg unterbleiben möchten. Am 6. Mai 1789 erfolgte der Konsistorialbefehl zu deren Auflassung. Die für den 31. Mai vorgesehene Pinzgauer Wallfahrt unterblieb in diesem Jahr zum ersten Mal.Als Maria Vinzenz Süß (1802-1868) seine Sammmlung "Salzburger Volkslieder" zusammenstellte, hat er sie, vor ihrer Drucklegung (1865), einem interessierten Kreis vorgelegt - und leitete damit eine Diskussionsrunde über den Ursprung der "Pinzgauer Wallfahrt" ein. Süß publizierte seine Sammlung ohne Nennung von Gewährsleuten, Ort und Zeit der Niederschrift. Die beigegebenen Singweisen haben zwei Angehörige des Domchors dreistimmig arrangiert. Schon August Prinzinger, ein früher Dialektforscher, dem Süß die Texte vorgelegt hat, bedauerte, daß Süß seinen Vorschlag "einer Scheidung nach Mundarten" nicht gefolgt sei.In der Literatur wurde darauf verwiesen, daß Goethes Mutter auf Verse dieses Liedes in zwei Briefen Bezug nimmt. Das Spottlied "Der Binschgauer Bußgang", aus dem die Frau Rat zitierte, war 1807 als "Sammlung Deutscher Volkslieder" in Berlin erschienen. Leopold Schmidt, der verdiente Volkskundler, meinte, daß das Lied nur im Zusammenhang mit tatsächlich gesungenen Wallfahrtsliedern, gewissermaßen als deren lustige Kontrafaktur, entstanden sein könnte. (Dr. Werner Rainer, Salzburg)
- Dö Pinzgara wolt'n kirfiart'n gehn, widi wadi we, eleison! / Sö wolt'n singa, aba kunnt'ns nit ga schen, widi wadi we, eleison! / Kirfiart'n thoants gean, dös woaßt ja von eh', Juhe! Widi wadi we! / G'lobt sey dö Christl und d'Salome.
- De Pinzgara gengant um an Dum herum, widi … / D'Fahnastang is brocha, hiatz gengans mit'n Trumm, widi … / Ung'schickt sands ja, dös woaßt ja von eh, Juhe …
- Dö Pinzgara wolt'n en Dum hinein, widi … / D'Heilög'n that'n schlaf'n, sö kunnt'ns nit daschrey'n … / Guatö Tag habmt sö, dös woaßt ja von eh …
- Dö Pinzgara gengant en Dum hinein … / 's großö G'schlamp voraus, das kloanö hint'n drein; … / Pinzgara sands ja, dös woaßt ja von eh …
- Grüaß dö Got, Salvata, du guldana Man … / Schau üns fei gnädög und güatla heunt an, … / Allö Jahr kemma ma, dös woaßt ja von eh …
- 's Dorf laßt di grüaß'n, davontweg'n samma da … / Mia klag'n dar ünsa Noth, en Seg'n hol'n ma a … / A guata Datl bist ja, dös woaßt ja von eh …
- Thua ünsan Füarscht'n 's Herz damahn' … / Daß ear üns mecht mit'n Stoian vaschon … / Armö Hascha samma, dös woaßt ja von eh …
- Thua ünsan Pflegan 's Concept varucka, … / daß sö üns thoant nit gar a so drucka … / Leutschindta sands ja, dös woaßt ja von eh …
- Wannst üns liaßt a d'Schörgn varöcka … / That ma dar epps an Opfastock stöcka … / Wolta z'fürcht'n sands ja, dös woaßt ja von eh …
- Laß üns 's Korn und 'n Woatz'n krathn … / Aft woln ma üns brav Dampfnudl brat'n … / Fress'n mög'n ma vül, dös woaßt ja von eh …
- Schick üns Kölba, schick üns Rinda … / Aba dazua nit ga z'vül Kinda … / A Stubn voll is gnuag, dös woaßt ja von eh …
- Und wannst üns hoia mit'n Schaua thuast plag'n … / Thoan ma da d'Heilögn üban Altar abö schlag'n … / Grobö Liml'n sam ma, dös woaßt ja von eh …
- Sag en heilög'n Petan, daß ear auf üns paßt … / Daß' wann ma sterbm, ear üns en Himl laßt … / A harta Man dös is a, dös woaßt ja von eh …
- Gieb üns halt nacha a seelöges Endt … / daß sö halt koanar e da Höll en Arsch vabrennt … / Es Fegfoia müaß ma, dös wiß ma von eh …
- Heilöge Maria, junkfräulöchö Ziard! … / Mach, daß koan Bua üns koan Diandl vafüart … / Valiabtö Katzn sands, dös woaßt ja von eh …
- Heilöga St. Leanhart, dea 's Vich alls kuriart … / Mach, daß üns hoia koan Rindl nit krepiart … / D'Ochsn sand ja thoia, dös woaßt ja von eh …
- Heilöga St. Florian, du Wassaküblman! … / Vaschon ünsrö Häusa, zündt andarö an … / 'S Foia, dös fürcht' ma, dös woaßt ja von eh …
- Dö Pinzgara gengant aus 'n Dum heraus … / und laff'n glei einö es nagstö Wiarthshaus … / Da trink'ns Salvatas G'sundheit von eh …
Qu/Dr: In Varianten schon um 1800 bekanntes Spottlied, das in der vorliegenden Form auch durchaus kritische Passagen gegen die Obrigkeit beinhaltet. Der Refrain wandelt das Gebet "Gelobt sei Jesus Christus" ab. Die Zwischenrufe parodieren die Kyrie-Rufe, die als dem Wallfahrervolk zustehenden Teile von volkstümlichen Wallfahrtsliedern schon um 1600 nachweisbar sind. Auch handschriftlich 1830 aus Bergen bei Neuburg an der Donau in einem Liedertextheft eines Studenten enthalten. In "Salzburger Volkslieder" von Maria Vinzenz Süß (1865) mit Melodie und 18 Strophen mit der Bemerkung: "Von diesem alten Spaß-Liede finden sich weit verbreitet unzählige Varianten. Viele davon wurden sogar im Auslande mit beliebigen Zusätzen, die oft die größte Unkenntniß vom Lande beweisen, fabrizirt und gedruckt". Mit der "Salome" könnte das Lied durchaus auf Salome Alt anspielen, die Geliebte des Erzbischofs Wolf-Dietrich von Raitenau. Eine neue Verbreitung des Liedes mit Strophenauswahl ist in der Volksliedpflege ab ca. 1950 zu beobachten. Dr: Maria Vinzenz Süß: Salzburger Volkslieder. Salzburg 1865. Nr. 26. Mit der Angabe bei der Melodie "Feierlich". TA: Johanna und Manfred Wallner (Berndorf/Land Salzburg), Eva Bruckner (Berchtesgaden), VMA 10.2.2004.