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Text zu: "Iatzt hat si des Blattl auf oamal gwendt" - Tirolergesang vom Jahr 1809

Dieses Lied nimmt Bezug auf die schwierigen Verhältnisse in Tirol während der bayerischen Besatzung. Im Frieden von Pressburg 1805 zwischen Napoleon (1769-1821) und dem Habsburger Kaiser Franz I. (1768-1835) wurde die gefürstete Grafschaft Tirol dem Königreich Bayern zugeschlagen. Sofort entsandte die neue Herrschaft Kommissäre und Verwaltungsbeamte. Obwohl der bayerische König Max I. Joseph (1756-1825) den Tirolern den Erhalt ihrer Rechte versprach, begann Minister Montgelas (1759-1838) sofort mit "Reformmaßnahmen". Neben hohen (Kopf-) Steuern und Geldentwertung ( Abwertung der Banco-Zettel) entfachte vor allem die Konskription, d.h. die Einberufung der Tiroler Burschen zum Wehrdienst in der Bayerischen Armee den Unmut der Tiroler. Ab März 1809 entfaltete sich auf breiter Front Widerstand. An die Spitze des Aufstands trat Andreas Hofer, der Sandwirt aus dem Passeiertal (1767-1810). In 3 Schlachten besiegte er am Berg Isel die verhassten Besatzer. Als aber die Unterstützung durch Österreich nach dem Frieden von Schönbrunn (12.10.1809) nachließ, brach der Widerstand zusammen. Mit dem Friedensvertrag von Paris (30.5.1814) wurden die Verträge von Pressburg und Schönbrunn annulliert und im Frieden zwischen Bayern und Österreich kam Tirol endgültig an Österreich zurück. (WK)

  1. Iatzt hat si des Blattl auf oamal gwendt, / iatzt habn die Boarn selba eah Untreu erkennt, / sie bittn den Koasa um Gnad und Pardon, / er sollt nur grad desmal eah Landl vaschon! / Ja, sie wolln eahm scho all eini geh in sein Stall.
  2. Und es, meini Boarn, des sag i enk scho, / vo enk war ma glafa koan Schritt net davo, / es hätts des Tirol enka Lebtag net kriagt, / mia hättn enk bundn, eigfatscht und eigwiagt / und in Schlaf gsunga a, wenn da Franzos net war.
  3. Es habts des treue Tirol kloavowüast, / es hamt de Leut lang a de Berg einchi gmüaßt, / es Boafackn, des is enk a no net gnua, / habts Weib und Kind dahoam gschundn aufs Bluat, / steht gar net lang o, kriagts selba den Loh.
  4. Was da boarisch Soldat nit mitn Stain hat a gmegt, / ham de boarischn Bauern auf d'Wagn aufiglegt, / Kessl und Pfanna und Hack und Sapi, / was bein Häusern is gwesn, habts allsamt dahi, / net grad Strümpf oder Schuach, a vui Leda und Tuach.
  5. Wa i no da Koasa, i tats enk scho sagn, / i machat a Pechlaugn und tat enk scho zwagn (waschn), / i tat enk an Kopf oichiwaschn so schö, / daß enk da Barscht samtn Haar oichi müaßt geh, / Bua, des war enk gsund, es boarischen Hund!
  6. Iatzt müaßt i oas singa, wenn i gar nimma mecht, / iatzt wer ma ge Koasalich, is enk aft recht? / Und wenns enk net recht is, müaßts sies halt sagn, / denn wer boarisch wui bleibn, den toa ma daschlagn, / drum sagt sies nur bal, iatz habts no die Wahl.
  7. Und d'Amtleut und Richta und d'Schreiba allsam / san an Teufi auskemma, iatzt sans aufn Land, / sie schindn de Bauern, i kunnts enk net sagn, / es war ja koa Wunda, mia tatn's daschlagn, / wenns anders net werscht, gschichts heuer für verscht.
  8. Zerst hams vo hundert zwoa Guldn Zins gebn, / ham d'Leut vaschont und hams no lassn lebn, / iatzt müassens halt fünf und sechsahalb sei, / und wenn des net hast, na da magst di scho gfreu, / braucht weita nix mehr, deine Küah müassn her.
  9. D'Iber und 's Viech, des habts uns alls graubt, / 's Geld ausn Sack, wer hats enk dalabt? / Die Küah habts ins gschlacht und die Roß habts ins gstohln, / und iatz soll enk da Teufi lebendiger holn! / Er holat enk wohl, aba die Höll is eahm z'voll.
  10. Es habts ins die Kirchn und d'Häusa zammbrennt, / habts gmoant, es war rar, wenns schö zammbrunna send, / aba Gottlob, iatzt sans wieda aufbaut, / weil ihr auf das Kirchageld so viel guat schaut, / empfinds die ganz Gmoa, müassn all Leut dertoa.
  11. Was ham enk die Kirchn und Gottshäuser to? / Habts koa Tafei ganz lassn, koan Heilignfoh, / es habts enk ja gar übers Heiligtum traut, / habt 's Ciborium gstohln und an Kastn eighaut; / is des a recht so? Koa Türk häts net to.
  12. Wer des Liadl hat dicht, des ko i net sagn, / mi tuats allwei wundern und i mags nia dafragn, / i tua ma grad denka, koa Lapp hats net to, / er hats selm probiert und er kennt die Boarn scho, / und wer sagt, des is grob, dem mach ma die Prob!

Qu/Dr: Sammlung Oberbayrischer Volkslieder. München 1934. S. 172-174. "Text bekommen von Bürgermeister Schmucker, Ruhpolding, das Lied vorgesungen von der Magdalena Gründler, Kössen, Tirol, 9.7.28; sie hatte aber die Melodie nicht mehr gut im Gedächtnis. ...". TA: Elmar Foidl, St. Johann/Tirol, eigene Gitarrenbegleitung, VMA 30.1.2004.