Navigation überspringen.
Startseite

Quellenhinweis zu: Der Freiwilligen Loblied auf Griechenland

Die im Liedtext geschilderten wenig erfreulichen Zustände in Griechenland, decken sich vollkommen mit den Berichten und bildlichen Darstellungen der bayerischen Soldaten. Vor allem die Zeichnungen und Aquarelle des Soldaten und Malers Ludwig Köllnberger (1811-1892), die heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (Abteilung Kriegsarchiv) aufbewahrt werden, vermitteln einen sehr guten Eindruck vom überaus harten Leben der Griechen nach dem Ende des Freiheitskampfes. Die Diskrepanz zwischen der unrealistisch schönfärberischen Literatur der westeuropäischen Philhellenen und der Realität in Hellas kommt in diesem Lied sehr treffend zum Ausdruck. (WB/WK)
Vor allem auch die Versprechungen der Anwerber und auch die Glorifizierungen in den propagandistischen Liedern in den Zeitungen Bayerns haben vielen "Freiwilligen", die sich z.B. 4 Jahre zur griechischen Armee verpflichteten, ein völlig falsches Bild von den Lebensumständen in Griechenland gezeichnet. Die Enttäuschung war sehr groß und fand ihren Widerhall in Berichten und Liedertexten, die in teils drastischer Sprache eine realistische Antwort auf die falschen Versprechungen gaben. (ES)

  • 1. Kennst du das Land, von Dichtern ausposaunt, / Auf dem Papiere höchlich angestaunt, / Gemalt von Malern, die es nie gesehn, / Mit bunten Farben, wunderschön zu sehn? / Kennst du es wohl? – Von dort, von dort / Wolln wir so bald als möglich wieder fort!
  • 2. Kennst du das Land, verbrannt vom Sonnenstrahl, / Gebirge drin, verödet dürr und kahl? / Da ist kein Baum der Schutz dir giebt, / Wenn heiß die Sonn' dir auf den Scheitel glüht. / Kennst du es wohl? – Von dort, von dort, / Wolln wir so bald als möglich wieder fort!
  • 5. Das sind Hellenen, das ist Griechenland! / Dahin hat die Begeistrung uns verbannt; / Das ist das Land wo Goldorangen glühn, / Wo Läuse wachsen und wo Flöhe blühn. / Kennst du es wohl? – Von dort, von dort, / Wolln wir so bald als möglich wieder fort!

Qu: Der Text steht mit 5 Strophen in der Sammlung"Die historischen Volkslieder des Bayerischen Heeres von 1620-1870. Aus fliegenden Blättern, handschriftlichen Quellen und dem Volksmund gesammelt und herausgegeben von Franz Wilhelm Freiherrn von Ditfurth" (Nördlingen 1871, S. 115, Nr. 48). Als Melodie ist hier angegeben "Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?" (J.W. von Goethe "Mignons Lied" in "Wilhelm Meisters Lehrjahre", 1795), wovon es im 19. Jahrhundert mehrere Melodiefassungen gab. Der neue Text der Griechenlandheimkehrer ist auch formal an Goethe angelehnt. Wir haben versucht, diese stark emotionalen Texte mit kräftigen und im mündlichen Volksgesang gebräuchlichen Melodieteilen zu unterlegen. EBES 2000/2008. TA: Volksgesang mit 17 Frauen und Männern aus Bernau, Bad Aibling, Frasdorf, Tölz, Kolbermoor, Haag, Weyarn, München, Mühldorf, Raubling, Bruckmühl; Gitarrenbegl. Martin Prochazka; VMA 5.3.2011.

Aus Rücksicht auf die derzeit (2011/2012) ausufernde emotionale öffentliche Debatte über die Finanzkrise in Griechenland haben wir darauf verzichtet, die Strophen 3 und 4 als Tonbeispiel wiederzugeben, in denen die Rückkehrer in harter Sprache über die Lebensumstände und die Menschen in Griechenland urteilen und ihrem Ärger freien Lauf lassen. Aus historischer Sicht geben wir hier den Wortlaut der in den Tonaufnahmen dieser CD nicht wiedergegebenen Strophen aus den Quellen des Freiherrn von Ditfurth (1871) an:

  • 3. Kennst du das Haus, von Schmutz und Koth erbaut, / Kein Zimmer drin, verödet und versaut, / Zerbrochne Fenster mit Papier verklebt: / Das ist das Haus worin der Grieche lebt. – Kennst du es wohl? ...
  • 4. Kennst du das Volk, das dieses Land bewohnt, / Das träg und faul auf ihren Märkten thront, / Oliven frißt, mit seinen Ahnen prahlt, / Und statt des Goldes nur mit Läusen zahlt? – Kennst du es wohl? ...

Im übrigen sei darauf verwiesen, dass dieses Lied in Varianten wohl im Volksgesang des 19. Jahrhunderts lebte und auch 1888 in sehr drastischer Sprache Eingang in den Roman "Die Jachenauer in Griechenland" (Volkserzählung von M. Schmidt, vulgo "Waldschmidt", S. 184/185) fand. Dort singt der Schullehrer dem Pfarrer dieses Lied mit einer zusätzlichen Strophe vor:

  • Kennst du das Bett mit seiner Wanzenqual? / Kennst du der Flöhe unermess'ne Zahl? / Sie rauben dir den Schlaf, den letzten Freund, / Wenn er zum Trost dir in der Nacht erscheint. – Kennst du es wohl? ..."

"Grell und schroff," sagte der Pfarrer, "ist die Wahrheit, die dieses Gedicht enthält, aber es ist leider die Wahrheit!" Die anderen stimmten bei. ...
Die Erzählungen der in den 1830er Jahren "Dabeigewesenen" und auch diese Lieder haben wohl über weite Teile des 19. Jahrhunderts das Griechenlandbild in der "einfachen" bayerischen Bevölkerung mitgeprägt. (ES)