Navigation überspringen.
Startseite

Text zu: Die Gwandtracht

Das Lied beklagt sich über die Zeit (vor dem 1. Weltkrieg und früher?), in der die Menschen einander nur betrügen und die Welt voller Schwindel ist. Das sei besonders im Wandel der Kleidung von Männern und Frauen zu sehen, die hier ausführlich beschrieben wird. Eitelkeit und Hochmut sind daran zu erkennen. Auch die vordergründige Moral, der Sittenverfall wird anhand der Kleider sichtbar, mit denen die Dirndl ("Mentscha") die "Buam leichta kriagn" wollen. Es ist auch die Zeit, in der Neuerung und Wandel Ängste erzeugten und auch Aufruhr und Empörung in der Gesellschaft hervorbringen – ganz nach der Prophezeiung eines Müllers ("Muina", 9. Str.), der u.a. den Hochmut als Gefahr für die Menschen und die Welt anprangert.
Nicht ganz unwahrscheinlich scheint, dass der Liedtext mit der Beschreibung des Zeitenwandels in Bekleidung und Sitte auf die nur mündlich und in vielen Varianten überlieferten Kommentare über Natur und Menschen des legendären "Mühlhiasl" Bezug nimmt, der eventuell vor 200 Jahren im Bayerischen Wald gelebt hat (Matthäus/Matthias oder Johann Lang, gestorben 1825?). Er soll u.a. den Sittenverfall am Wandel der Bauernkleidung hin zu "städtischen" Gewändern angeprangert haben. Die Romantik des 19. Jahrhunderts verklärte solche Außenseiter – die z.B. ein einfaches Leben im Wald führten.

  1. Grüaß enk God, all Leut, was Zualosa send, / seids a wenk ruhig, daß all Leut vostehnt. / Mia wernd enks ge sagn, iatz woaß is, was geit, / mia singa a Liadl vo da iatzrign Zeit.
  2. D'Welt is a Schwindl und d'Leut san betrogn, / is da no viel schlechta als an Brixntal obn! / Ja oana den anan fixiern, des tuan iatz d'Leut, / betrüagn, wers guat ko, den gehts guat bei da Zeit.
  3. D'Mannaleut Gwandtracht is des Erst was ma sagn, / Löda und Leina wolln sö iatz nimma tragn, / iatz tragn sies alls Strucka, die Bessern von Tuach, / aniada a Unterhosn und Stifl statt Schuach.
  4. A weitausgschnittns Leibi, a schmals Bindl um an Bauch, / an eibogna Huat, aso is iatz da Brauch, / daß ebbas scho glust um a Schnellfeuer-Hosn, / bei den laß ma iatza ge d'Mentscha losn.
  5. D'Mentscha bals aufstehn, werscht zopft und werscht zwagn, / aniada an Haaraufputz müassns iatz habn, / Glockn an Ohrnan, a Kettn um an Hals, / a feins a schöns Netz, falsche Zopfn und alls.
  6. Da Kittl voi Faltn, da a weitdachi steht, / daß eah da Wind deachta ganz aufi geht. / Warum as des toan, hams sies ebba für gsund, / oda schafft eahs da Pfarra, gherscht a no zon Bund?
  7. D'Hauptsach is wenk, aba a Schlampal hängt dro, / ganz a kuaschts Kittei und koa Pfoad hams o, / warum daß as toan, werscht mi gwiß net betrüagn, / sö toans vo wegn dem, daß dö Buam leichta kriagn.
  8. Beim Tag hams an Hochmuat, [aber] z'Nachts, da laßts aus, / da passns beim Fensta wia die Katz auf a Maus, / den andan Tag griffins, bal d'Nacht koana kimmt, / a da Fruah toans dagleicha, de Bäurin hats zürnt.
  9. Mit dem laß mas iatza, ham d'Mentscha an Fried, / das steht eahna frei, obs sies glabn oda nit, / daß da Hochmuat iatz gschtüarzt werscht, is grob a da Gfahr, / de Prophezeiung vo an Muina, de werscht aft no wahr.
  10. Aufruhr, Empörung, a des möchtn iatz d'Leut, / alls bringts mit sich das die iatzrige Zeit, / was gsagt is, is gsagt, mia ham gwiß koa Wort glogn, / |: is d'Welt net a Schwindl, send d'Leut net betrogn? :|

Qu: KP, S. 366/367. "Vorgesungen von Aschl Anton, Reit im Winkl, 8.7.28. Blümml, 1. Band, Nr. 20. Melodie fast gleich, Text hier zwei Strophen mehr." TA: Eva Bruckner, Berchtesgaden; Martin Prochazka (Git.begl.), Fischbachau; 28.4.2012, VMA Bruckmühl; VMA/TRL-0400.