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Text zu: "Hie liegt und fault mit Haut und Bein" – [1634]


Der Text, überliefert auf einem Flugblatt aus dem Jahr 1634 nimmt Bezug auf die Ermordung des kaiserlichen Feldherrn, Herzogs von Mecklenburg, Friedland und Sagan und Militärunternehmers Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein (allgemein bekannt unter dem Namen „Wallenstein“; 1583-1634). Wallenstein wurde auf Veranlassung Kaiser Ferdinands III. (1608-1657) am Abend des 25.02.1634 in Eger durch iro-schottische Söldner im so genannten „Pachelbel-Haus“ am Marktplatz mit einer Lanze durchbohrt. Wallenstein, der ursprünglich aus einer protestantischen böhmischen Adelsfamilie stammt, war 1602 zum katholischen Glauben übergetreten und hatte sich bereits vor Ausbruch des 30jährigen Krieges als „Militärunternehmer“ einen Namen gemacht. Er taktierte stets defensiv, was im vorliegenden Liedtext ironisch kritisiert wird, er hätte nie eine Schlacht geschlagen. Tatsächlich vermochte er mit einer Taktik des Abwartens große militärische Erfolge zu erzielen. Als „Kriegsunternehmer“ wusste er genau um die Schwierigkeit Söldner anzuwerben und dauerhaft zu verpflichten. Nach erfolgreichen Kriegszügen belohnte er anfangs seine Soldaten durchaus angemessen, jedoch immer auf Kosten der unterlegenen Seite, was im Text mit dem Hinweis auf die Schenkung von „...groß Gut...“ angedeutet wird. Zeit seines Lebens blieb Wallenstein von Astrologen abhängig, nachdem ihm einst kein geringerer als Johannes Kepler (1571-1630) in Prag ein zutreffendes Horoskop bis zum Jahr 1625 gestellt hatte und ein weiteres bis zum Frühjahr 1634 ausarbeitete. 1625 und 1634 war er jeweils Oberbefehlshaber der kaiserlichen und katholischen Truppen im 30jährigen Krieg, zudem mit der Rangerhöhung eines „Generalissimus“. Seit den späten 1620er Jahren machten sich bei Wallenstein zunehmend gesundheitliche Beeinträchtigungen bemerkbar. Zunächst plagte ihn die Gicht, die schließlich derart schmerzhaft verlief, so daß er kaum mehr reiten konnte. Schließlich zeigten sich Gehörhalluzinationen und Geräuschempfindlichkeiten, als Folge einer Syphiliserkrankung. Auf beides wird im Liedtext versteckt mit den Umschreibungen „... Gar zart war ihm sein böhmisch Hirn/ Konnt nicht leiden der Sporen Kirrn ...“ sowie die Laute von Hühnern und Hunden, Bezug genommen. (WB)

Hie liegt und fault mit Haut und Bein / Der mächtig Kriegsfürst Wallenstein,
Der groß Kriegsmacht zusammen bracht, / Doch nie geliefert hat ein Schlacht.
Vielen thät er groß Gut schenken, / Aber mehrerteils unschuldig henken.
Durch Sterngucken und lang Tractieren / Thät er viel Land und Leut verlieren.
Gar zart war ihm sein böhmisch Hirn; / Konnt nicht leiden der Sporen Kirrn.
Hahn'n, Hühner, Hund' er bandisiert' / Aller Orten, wo er losiert';
Doch muß er gehn die Todesstraßen, / Die Hahnen krähn, d' Hund' bellen lassen.

Qu: August Hartmann: Historische Volkslieder und Zeitgedichte, Band 1, München 1907, S. 301/302, Nr. 76 [1634.]. TA: VMA/THZ-0155; Sprecher: Konrad Thalmeier (Rohrdorf); VMA 19.11.2017.