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Text zu: "Grüß Gott! seids uns willkumm!" – [1810]


Im Frieden von Preßburg 1806 wurde Tirol auf Betreiben Napoleons (1769-1821) Bayern zugesprochen. Die bayerische Administration brachte jedoch durch ungeschickte und unbeliebte Maßnahmen die Tiroler so gegen sich auf, dass sie sich 1809 gegen die Besatzungsmacht erhoben. Der Aufstand unter Andreas Hofer (1767-1810) konnte erst nach 4 Schlachten am Berg Isel niedergeschlagen werden.
Als am 12. Oktober 1810 Kronprinz Ludwig (1786-1868) in München die Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792-1854) heiratete, führte die erste Reise das Brautpaar nach Tirol. Der Kronprinz, der bekanntermaßen Napoleon kritisch gegenüberstand, wurde dort freudig begrüßt.
Da man sich in Tirol zu dieser Zeit auf einen dauerhaften Verbleib bei Bayern einstellen musste, betrachtete man es als große Ehre, wenn den zukünftigen König seine Hochzeitsreise hierher führte.
Anlässlich einer Feier am 30. Oktober 1810 in Kematen wurde von einem Sennerpaar dieser huldigende Prolog gesprochen:
Zunächst entschuldigt sich der Senner für den Aufstand von 1809, dass der Widerstand aus Unverstand erwachsen sei. Darauf antwortet die Sennerin, es sei ja längst alles verziehen, denn sonst hätte der König nicht das wertvollste, was er besitze, nämlich seinen Sohn und Thronfolger, nach Tirol geschickt. Schließlich endet die Ansprache mit dem Versprechen des Wohlverhaltens und einem Vivat auf König Max I. Joseph und das junge Paar. (WK)

  • Senner:
    Grüß Gott! seids uns willkumm! dös tuat uns do recht freuen.
    As sollt enk diese Roas meinoachaling nit reuen.
    Denn da ersechts ös klar, wie der Tiroler denkt;
    As hat uns 's foderi Zuig nit wenig 's Herz akränkt,
    Daß ma so tottelt tu; dös könnts uns sicher glaben.
    Mir bitten um Pardun; dös werds uns wohl dalaben!
    Mir denken sunst scho guat und sein decht redla Leut.
    Mit Guaten tean mir Alls, was nur den Kinig freut.
    Nehmts nit in Übel auf, daß mir uns unterstanden!
    Befelchts nur grad mit uns und gebts uns bald zu Handen,
    Was mir zu toana habn! Mir sind decht guate Leut
    Und daß mir dumm g'west sind, ist uns ja herzlich leid.
  • Sennerin:
    Daß uns verziechen ist, kannst du dir selber denken.
    Narr! würd' der Kinig denn sunst seinen Sohn uns schenken
    Und schicken da herein, g'rad mitten in dös Land?
    Dös ist a guates Zeichen; da hat die Sach an B'stand.
    Er liebt uns nu amal; des samma überwiesen.
    Es sei der Maxel nu und Ös von uns gepriesen!
    Seids nu g'rad guat mit uns! sunst ist's mit uns vaspielt.
    O Himmel, gib uns Glück, daß dös Zuig werd erfüllt!
    Ma werd si auf a nois af guate Sach verwenden
    Und, wia ma imma ko, mit aller Achtung stenten.
    Zum Zoachen unsers Herz's und, wia daselbe denkt,
    Söchts da den Buttan a, enk von der Alm geschenkt!
  • Nembts ös do Gab nur a! sie wird enk g'wiß gedeihen
    Und uns – beim Sackara! – tuats g'wiß nit wenig freuen.
    Mir sein in Namen da des ganzen Landgericht;
    An Iada, wia mir sein, hinfür alls Guats vaspricht.
    Mit unserm Vorgesetzten mit dem ist ma a z'frieden,
    Weil er uns allesamt von Herzensgrund tut lieben.
    Wo sollt es fällen Den? Aso ging Alles guat,
    Wenn ma sei Schuldigkeit, wie andre Länder, tuat.
    Laßts unser Wenigkeit enk dechta wohlgefallen!
    Sodann werd guata Ruaf im ganzen Land erschallen:
    Vivat der liebe Max! vivat das Fürstenpaar!
    Daß uns von Herzen geht, so juchazt! es ist wahr.
Qu: Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom 16. bis 19. Jahrhundert, gesammelt und erläutert von August Hartmann, mit Melodien herausgegeben von Hycinth Abele, Dritter Band, München 1913, Nr. 242 [1810.]. TA: VMA/THZ-0131; Sprecher: Manfred und Klara Köhler (Rum in Tirol); VMA 18.4.2015.