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Text zu: "Sey mir gegrüßt, o Land, das ich erkoren" – [1833]


Als 1832 Otto, der 2. Sohn König Ludwigs I. von Bayern, zum König von Griechenland erwählt wurde, sollte ein Freiwilligenkorps von 3.500 Mann zu seiner Begleitung aufgestellt werden. Da sich die Werbung hinzog, wurde er zunächst von einem Hilfskorps regulärer Truppen begleitet, die sich im Januar 1833 von Triest aus nach Nauplia einschifften. Diese Einheiten wurden dann nach und nach durch die Freiwilligen ersetzt und konnten bis Mai 1835 wieder in die Heimat zurückkehren. Die Zahl der Freiwilligen stieg bis auf 5.400 Mann, darunter 3.500 gebürtige Bayern und 68 beurlaubte bayerische Offiziere.
Das vorliegende Lied stammt aus einem Zyklus von fünf „Lieder(n) eines griechisch= bayer’schen Freywilligen“, der im Juli und August 1833 in der Zeitung „Bayer’sche Landbötin“ erschien. Als Autor nennt sich am Schluss „Ein Grenadier der 2. Compagnie“.
Er hatte offenbar vorher alle Angehörigen verloren, war wohl auch verarmt und hat nun mit König Otto eine neue Aufgabe gefunden. Euphorisch äußert er sich über das Land, das er vorfinden wird. Besonders bewundert er das klassische Griechenland. Auf dieser Basis gelobt er Otto die Treue, gleichsam wie die Spartaner bei den Thermopylen.
Der Gedichtzyklus erscheint aber viel eher einer Werbeaktion für die Rekrutierung weiterer Freiwilliger entsprungen zu sein, sah doch die Realität völlig anders aus, wie die Zahl von 2.300 an Krankheit und Entkräftung gestorbener Freiwilliger bis 1837 beweist (vgl. auch CD Historische Volkslieder IV, Nr. 17 „Der Freywilligen Loblied auf Griechenland“). (WK)

  1. Sey mir gegrüßt, o Land, das ich erkoren,
    Ruf', Hellas! ich entzückt an deinem Strand,
    Wo ich das Glück, das ich daheim verloren,
    Das süße Glück der Heimat wiederfand.
    Mir raubten es des Schicksals finst're Götter,
    Tief trauernd stand ich an der Meinen Grab,
    Da wurde König Otto mein Erretter,
    Der hier mir eine neue Heimat gab.
  2. Wie oft schuf ich in schwärmerischen Stunden
    Von Hellas mir ein wonnevolles Bild:
    Doch Alles, was die Phantasie erfunden,
    Hat schöner noch die Wirklichkeit erfüllt.
    Wo Tempe's Thal liegt herrlich ausgebreitet,
    Arkadien in holdem Zauber lacht,
    Dorthin hat mich mein Genius geleitet,
    Zum hellen Tag aus finst'rer Trauernacht.
  3. Die Thermopylen schaue ich verwundert,
    Wo durch des Hirten schändlichen Verrath
    Im tapfern Kampf einst fielen die Dreyhundert,
    Und freue mich der Sparter Heldenthat.
    Am Isthmus denk' ich an die Festesspiele,
    Die Pindar hat verherrlicht im Gesang,
    Zu denen in dem buntesten Gewühle
    Der Griechen Volk aus allen Städten drang.
  4. Ernst mahnen mich der alten Tempel Trümmer
    An Griechenlands vergang'ne Herrlichkeit,
    Die sich anjetzt in sonnenhellem Schimmer
    Durch Otto's milde Führung hat erneut.
    Heil unserm König, den das Volk erwählet;
    Durch uns geschützt steht fest Sein hoher Thron!
    Heil all den Seinen, die Er um Sich zählet!
    Heil uns'rer tapfern Griechen-Legion!
  5. Und wenn das Schicksal sich mit Wettern rüstet,
    Wenn roth der Blitz vom Himmel niederzückt,
    Wenn sich der Feind in wildem Trotze brüstet;
    Des Königs Schaar steht fest und unverrückt.
    Wenn rings die Flinten und Kanonen knallen,
    Der blaße Tod durch unsre Reihen streicht;
    Eh'r wollen wir für unsern König fallen,
    Eh' Einer nur von seinem Platze weicht.
Qu: Liedertextdruck in "Die Bayer'sche Landbötin" (15. August 1833, Anmerkung unter dem Lied: "Ein Grenadier der 2. Compagnie"; in Kopie ans VMA durch Dr. Cornelia Oelwein), Beispiel der Popularisierung dieses Zeitungsdruckes, z.B. in der Liederhandschrift des "Fr. Steinberger 1939" (Institut für Volkskunde, München IfV L-185, Kopie VMA/L-0187, Übertragung VMA/LH-0187). Da keine zugehörige Melodie aufzufinden war, haben wir eine Erzählliedmelodie, die im südlichen Oberbayern wohl seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Gebrauch stand (z.B. "Der Zehnerhirsch", Slg. Kiem Pauli) für das Volksliedwochenende 2008 "Historische Volkslieder in Bayern – Bayerische Geschichte im Lied: Bayern und Griechenland zur Zeit König Ottos" in Kloster Seeon angepasst; VMA/EBES 28.2.2008. TA: VMA/THZ-0078; Johannes Janßen (auch Gitarrenbegleitung, Lenggries im Isarwinkel); VMA 10.9.2010.