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Text zu: Jennerwein - Wildschützenlied

Oft von starken Gefühlen geprägt war und ist das Absingen des Jennerweinliedes in Oberbayern: Protest gegen die Obrigkeit - besonders die Jäger, Freiheitswille und Mitgefühl klingen an. Der Gesang hat sich vom ursprünglich ereignisbezogenen Totengedächtnislied eines engen Personenkreises zu einem heute in verschiedenen Formen populären Gesang von Wirtshausgesellschaften, geselligen Runden, Bergsteigern, usw. entwickelt.
Schon um 1900 war das Ereignis und die Person Jennerwein in breiten Bevölkerungsschichten Oberbayerns bekannt: Man identifizierte sich mit dem "Wildschützen" - diese "Berufsbezeichnung" findet sich auch auf seinem Grab in Westendorf/Gemeinde Schliersee, das dem Trachtenverein "Schlierachtaler Stamm" von Hausham gehört und von Alfons Herein gepflegt wird. Jennerweins Bildnis wird auf Bierkrügen, Tellern und Pfeifenköpfen wiedergegeben - seine Geschichte in vielfacher Form in erbaulicher Form in Zeitungen, Zeitschriften und Romanen bis hin zu Theaterstücken nacherzählt.
Georg Jennerwein wird als unehelicher Sohn der Gütlerstochter Maria Jennerwein - nach den Angaben von Alfons Herein - am 24. März 1849 in Haid bei Hartpenning geboren. Sein Vater soll der "Schustergeselle Beno Sturm" in Miesbach gewesen sein. Der "Girgl" verdiente sich als Holzknecht den Lebensunterhalt und war bekannt als lebenslustiger Bursch, Zitherspieler und Gelegenheitssänger in geselliger Wirtshausrunde.
Daß er als Wildschütz unterwegs war - daraus machte Jennerwein der Erzählung nach auch in Gesprächen mit Jägern keinen Hehl. Mit Andeutungen und Hinweisen über seine "Jagderfolge" reizte er die Jäger, auch Hans Pföderl, seinen ehemaligen Kriegskameraden aus dem 1870/71er Feldzug in Frankreich, der nun Jagdgehilfe bei Förster Mayr in Tegernsee war. Jennerwein soll mit Pföderl auch in Liebessachen konkurriert und ihm sein Dirndl "ausgespannt" haben.
Am Leonharditag, 6. November 1877 überraschte Pföderl den Jennerwein im Tegernseer Revier am Peißenberg "auf einem Baumstumpf sitzend" und erschoß ihn von hinten. Pföderl meldete dem Förster Mayr sofort diese Tat, der sie aber vertuschen wollte, obwohl der Jagdgehilfe Lerchenauer schon Verdacht geschöpft und Pföderl zur Rede gestellt hatte. Pföderl täuschte mit Wissen von Mayr am toten Jennerwein durch zwei Schüsse aus dessen eigener Büchse einen Selbstmord vor.
Als der abgängige Jennerwein nach langer Suche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 13. November am Peißenberg gefunden wurde, stellte sich aufgrund des Schusses im Rücken die Selbstmordtheorie der Jäger bald als falsch heraus. Pföderl wurde von einem der Jagdobrigkeit wohlgesonnenen Gericht nur zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. In der Volksmeinung galt er allerdings als schuldiger Mörder, dem an seinen weiteren Arbeitsstellen als Jagdgehilfe (z.B. in der Valepp/Spitzingsee) Feindschaft und Abneigung aus der Bevölkerung entgegenschlug.

  1. Es war ein Schütz in seinen schönsten Jahren, / er wurde weggeputzt von dieser Erd, / man fand ihn erst am neunten Tage / bei Tegernsee am Peißenberg.
  2. Auf den Bergen ist die Freiheit, / auf den Bergen ist es schön, / doch auf so eine schlechte Weise / mußte Jennerwein zugrunde gehn!
  3. Auf hartem Stein hat er sein Blut vergossen, / am Bauche liegend fand man ihn, / von hinten war er angeschossen, / zersplittert war sein Unterkinn.
  4. Es war schrecklich anzusehn, / als man ihm das Hemd zog aus, / da dachte jeder bei sich selber: / Jäger, bleib mitn Selbstmord z'haus!
  5. Du feiger Jäger, das ist eine Schande, / du erwirbst dir wohl kein Ehrenkreuz, / er fiel mit dir nicht im offnen Kampfe, / weils der Schuß von hint beweist.
  6. Man bracht ihn dann noch auf den Wagen, / bei finstrer Nacht ging es noch fort, / begleitet von seinen Kameraden / nach Schliersee, seinem Lieblingsort.
  7. Dort ruht er sanft, ja, wie ein jeder, / bis an den großen Jüngsten Tag, / dann zeigt uns Jennerwein den Jäger, / der ihn von hint erschossen hat.
  8. Von der Höh gings langsam runter, / denn der Weg war schlecht und weit, / ein Jäger hat es gleich erfunden, / daß er sich selbst hat entleibt.
  9. Und am großen Jüngsten Tage / putzt jeder sein Gewissen und 's Gewehr, / dann marschiern d'Jäger samt die Förster / aufs Gamsgebirg zum Luzifer.
  10. Zum Schlusse Dank noch den Vetranen, / da ihr den Trauermarsch so schön gespielt, / Jäger, tut euch nur ermahnen, / daß keiner mehr von hinten zielt.

Qu: KP, S. 140, "Georg Jennerwein, Holzknecht in Westerhofen bei Schliersee, wurde am 6.November 1877 auf dem Peißenberg bei Tegernsee vom Jäger Pfederl erschossen. Sie waren Kriegskameraden. Vorgesungen von Hartl, genannt Scherrerbauer. Tegernseerberg 1910." Das Jennerwein-Lied gibt es in verschiedenen Fassungen.
TA: Sepp Linhuber, Gitarrenbegl. EB, 8.6.1991, Trachtenheim Hittenkirchen, TRL 0002.