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Text zu: "Und im Juli siebzig sind wir abgereist" - Der Siebziger-Auszug

In seiner "Sammlung Oberbayrischer Volkslieder" (München 1934. S. 176 ff.) druckt Kiem Pauli die von ihm gesungene Fassung des historischen Volksliedes vom Auszug der bayerischen Soldaten in den Krieg 1870/71 ab: "Gelernt habe ich dasselbe vom Hartl, genannt Scherrer-Bauer, am Tegernseer Berg, 1910". Anschließend weist er auf die Forschungsarbeiten von Prof. Maußer zu diesem Lied hin und benennt Josef Schweikl (geb. 1846) aus "Mitterhausen bei Alzgern bei Altötting" als Urheber des Liedes, das mit der Zeit in mehreren Fassungen volkläufig wurde. Diese gesungene Erzählung Kiem Paulis, der selbst als Teilnehmer am 1. Weltkrieg zu Schaden kam, beeindruckt immer wieder. Schon in den 20er und 30er Jahren wurden Tonaufnahmen dieses Liedvortrages von Kiem Pauli gemacht.

  1. Und im Juli siebzig, da sind wir abgereist, / und dort angekommen, wo man´s Lechfeld heißt. / Da begeben wir uns auf den Lagerplatz, / wo gar mancher denkt an seinen Schatz.
  2. Und im Lechfeld sind wir schon den dritten Tag, / da heißt es immer exerziern mit Sack und Pack, / da hat a jeda gscholtn: "Es solls da Teufi holn, / ja, wanns net weita geht, da bleibn ma net!"
  3. Auf oamal kommt Befehl, jetz müaß ma weita schnell, / ja auf de Eisnbahn bei vierzigtausend Mann. / Wir fahren Tag und Nacht, daß alle Wäg´n ham kracht, / ja da Rheinpfalz zua, mei liaba Bua.
  4. Als wir nach Stuttgart kamen, da waren wir gut aufgenommen, / da brachtns uns Brot und Wein bei de Wäg´n herein. / Da hat nun allessamt im hohen Vivat glebt, / und zum Dank habn wir die Kappen ghebt.
  5. Und von Stuttgart weg, da fahrn ma no a Streck, / a so a dritthalb Stund, ja wann i´s nenna kunnt! / Es is a schöne Stadt, i woaß halt do net grad, / da ham mar a Schweiners kriagt, daß neamd nix siahgt.
  6. Aba jetz fallts ma ei, des Nest, des is halt Bruchsal gwest, / da wo ma ausgstiegn san von dar Eisnbahn. / Dort habns uns weitagjagt: "Jetz müaßts marschiern!", hams gsagt, / da habn ma Gsichta gmacht, wünsch guate Nacht!
  7. Von da nach Germersheim, da habn ma biwakiert, / und den andern Tag san ma wiedarum abmarschiert, / von da nach Weißenburg, es is a schöne Stadt, / da wo´s des erstemal gerappelt hat.
  8. Von ein Uhr Nachmittag, da geht es Schlag auf Schlag, / da falln auf beide Seitn a große Menge Leut, / und de schwarzn Turkos, was de Wildn san, / de müassn uns gschiecha habn, weils glaffa san.
  9. Gar viele tausend Mann hat der Napoleon, / und der Preußnkönig, der hat aa net zweni, / Badn und Württnberg, die habn sich auch erzeigt, / daß´ dem Franzosn san net guat geneigt.
  10. Aba Leut, jetz paßts auf auf mi, / des wißt´s ja so, / daß i allawei dümma wir, / i konn aba nix dafür. / Mit dem Franzosnkriag, / net daß enk i olüag, / habn´s mi ganz damisch gmacht, / wünsch guate Nacht!
  11. Aba ja, es is gwiß koa Gspoaß, / wer de Gschicht selba woaß, / allawei in Regn und Wind, / draußd auf de Felda liegn, / z´fressn war aa oft zweng, / wann ma so nachidenkt, / und des schwar Tragn dazua, / Elend hast gnua.
  12. Ja i hab ma scho gnua dafahrn, / na hättns di no fürn Narrn, / o meine liabn Herrn, / da könnt i gifti werdn, / wanns da so gscheid dischkriern / und ham a so a Hirn / als wiar a Schweizerstier / - Sepperl adier!
  13. Aba da Kaisa Napoleon, / des is a gscheita Mann, / mia habn an aba do belauscht / und habn mar eahm d´Leut austauscht, / da hat a gschaugt so trüab / als wiar a Zwetschgndiab, / und d´Stiefe hat ar aa valorn, / mitsamt de Sporn.
  14. Jetz muaß da Kerl barfuaß geh, / des is halt aa net schö, / bal er in d´Schweiz neikimmt / und a Paar z´leicha nimmt, / was aba net unrecht waar, / sollt ma´n glei schnoatn aa / und mit a paar Eisn bschlagn, / waar a schöns Tragn.
  15. Aba gell, Kaisa, jetz bist gstellt, / is da da Karrn aufgschnallt, / und da Gaul aar umgfalln, / wiar a Franzosnlalln, / zerst hätt´st uns du blamiert, / waarst nach Berlin marschiert, / und hätt´st dort Mittag g´speist, / des habn ma gneist.
  16. Abar ja Brüadal, da bist gstimmt, / bal oana zu de Preußn kimmt, / da bist allmal da Hirsch, / wei de Herrn selba dürscht, / in Frankreich gibts Wein grad gnua, / mia helf mar aa dazua, / und macha könnts uns nix, / des is verflixt.
  17. Aba jetz muaß a´s do bald glaabn, / mit seine Esldarm, / und mit seim Schwanahirn / muaß er a Trumm Land valiern. / Hätt´st eher Friedn gmacht, / glei nach der erschtn Schlacht, / na hätt´st deine Stiefe no, / vostehst mi scho!
  18. Aba ja, es is gwiß a Schand / fürs ganz Franzosnland, / Napoleon, du gscherta Tropf, / mit dein Pariser Kopf, / d´Leut hast ins Elend gstürzt, / viele hast ´s Lebn vokürzt / mit dein vafluachtn Kriag, / net daß i lüag!

Aufnahme: Bayerischer Rundfunk, Dok.-Band 8936, Aufnahme am 20.9.1951 in Studio I.