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Text zu: Meister Müller oder Die ertrunkene Müllerstochter

  1. Meister Müller tut nachsehen, / was in eurer Mühle ist geschehen, / denn das Rad, das bleibet freiwillig stehen, / so als wollt etwas zu Grunde gehen.
  2. Frau Müllerin sprang auf die Kammer, / schlug die Händ oberm Kopf zusammen: / Haben wir nur das einzige Töchterlein, / das wird uns wohl ertrunken sein!
  3. Ach Weib, um Gottes Willen, / laß nur Gott sein' Willen erfüllen; / denn wir beide, wir sind ja nicht Schuld daran, / und was Gott tut, das ist wohlgetan.
  4. Übers Wasser bin ich gegangen, / das Rad, das hat mich gefangen! / Drum ziert mein Haupt mit Rosmarin, / weil ich Braut und Jungfrau bin.
  5. Eltern, eins muß ich euch noch sagen, / sechs Jungfrauen müssen mich tragen; / sie müssen mich tragen dem Freithof zu, / mich begleiten zur ewigen Ruh.
  6. Dort draußen im Rosengarten, / wo der Bräutigam auf mich tat warten, / da kamen wir alle beide zugleich. / zusammen ins Himmelreich.

Karl Freiherr von Leoprechting veröffentlicht in seiner Sammlung "Aus dem Lechrain. Zur deutschen Sitten- und Sagenkunde" (München 1855) diese Form einer im ganzen deutschen Sprachraum bekannten Ballade. Leoprechtings Liedanhang in seinem Buch ist eines der wenigen Dokumente des Volksgesanges zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Grenzgebiet Oberbayerns zu Schwaben.