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Text zu: Sabinchen oder Trau keinem Schuster nicht

  1. Sabinchen war ein Frauenzimmer / und dennoch tugendhaft. / Sie diente treu und redlich immer / bei ihrer Dienstherrschaft. / Da kam aus Treuenbrietzen / ein Kerl des Wegs daher, / der wollte so gerne Sabinchen besitzen / und war ein Schuhmacher.
  2. Sein Geld hat er versoffen / in Schnaps und auch in Bier, / da kam er zu Sabinchen geloffen / und wollte was von ihr. / Sie konnt' ihm keins nicht geben, / da stahl sie auf der Stell / bei ihrer guten Dienstherrschaft / sechs silberne Blechlöffel.
  3. Doch bald nach achtzehn Wochen, / da kam der Diebstahl raus. / Da jagte man mit Schimpf und Schande / Sabinchen aus dem Haus. / Sie rief: "Verfluchter Schuster, / du rabenschwarzer Hund!" / Der nahm sein krummes Schustermesser / und schnitt ihr ab den Schlund.
  4. Ihr Blut tat hoch aufspritzen, / sie fiel gleich um und um. / Der falsche Schuster aus Treuenbrietzen / der stand um ihr herum. / Sie tut die Glieder strecken / nebst einem Todesschrei. / Den bösen Wicht tun jetzt einstecken / zwei Mann der Polizei.
  5. In Ketten und sogar in Banden / bei Wasser und Salat, / da hat er endlich eingestanden / die schwarze Freveltat. / Die Moral der Geschichte: / trau keinem Schuster nicht! / Der Krug, der geht solange zum Brunnen, / bis daß der Henkel bricht.

Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ist diese schauerliche Moritat vom tugendhaften Dienstmädchen im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet. Als Leierkastenlied erklang es in vielen Hinterhöfen, in vielen Liedhandschriften oberbayerischer Sängerinnen ist der Text des Liedes enthalten (Treuenbrietzen ist ein Ort bei Berlin).