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Text zu: Es liegt ein Schloß in Österreich oder Das goldene Kettelein

  1. Es liegt ein Schloß in Österreich, / das ist gar wohl erbauet / von Silber und von rotem Gold, / mit Marmorstein gemauert.
  2. Darinnen liegt ein junger Knab, / auf seinen Hals gefangen. / Er liegt wohl vierzig Klafter tief / bei Nattern und bei Schlangen.
  3. Sein Vater zu den Herren ging, / bat um des Sohnes Leben: / "Dreihundert Taler will ich euch / wohl für den Knaben geben."
  4. "Dreihundert Taler helfen nicht, / der Knabe, der muß sterben. / Er trägt von Gold ein Kettelein, / das bringt ihn um sein Leben."
  5. "Trägt er von Gold ein Kettelein, / das hat er nicht gestohlen. / Das hat ihm eine Jungfrau verehrt / und Treue ihm geschworen."
  6. Man bracht den Knaben aus dem Turm, / gab ihm das Sakramente: / "Hilf, Herre Christ vom Himmel hoch! / Es geht mir an mein Ende."
  7. Sein Vater beim Gerichte stund, / das Herz wollt ihm zerbrechen: / "Ach Sohne, liebster Sohne mein, / dein Tod will ich schon rächen!"
  8. Es stund kaum an ein halbes Jahr, / der Tod, der ward gerochen: / Es wurden an dreihundert Mann / des Knaben wegen erstochen.
  9. Wer ist's, der uns das Liedlein sang? / Gar wohl ist es gesungen. / Das habn getan zwei Landsknecht gut, / ein alter und ein junger.

Die Ballade vom "Schloß in Österreich" läßt sich nach Forschungen des DVA in verschiedenen Grundtypen bis ins 16. Jh. zurückführen. Es geht um die Inhaftierung und Hinrichtung eines Knaben, dem der Diebstahl einer goldenen Halskette vorgeworfen wird, die er aber als Liebesgabe von einem hochgestellten Fräulein erhalten hat. Der Tod des Knaben wird blutig gerächt. Schon Pater Johann Werlin (1588-1666) im Kloster Seeon kennt die alte Melodie der Ballade. Unsere Melodie hat der Postbote Fritz Huber (Ostermünchen um 1977) gesungen, der den Text nur mehr als Fragment kannte. Weitere obb. Belege stammen aus Pollenfeld und Fridolfing. Wir haben aus den zahlreichen Quellen eine singbare Fassung erstellt.