Navigation überspringen.
Startseite

Text zu: Das Glasaug

  1. Auf d'Augn muaß ma Obacht gebn, / aufs Glasaug aber gar, / a solchas hat da Sepperl ghabt, / scho gwiß a siebn Jahr.
  2. Auf d'Nacht tuat er's ins Wasserglas, / des is er scho so gwöhnt. / No ja, zum Schlafn braucht er's net, / und 's Aug is besser gschont.
  3. Amal, da kimmt er hoam mitn Rausch, / er schlaft so furchtbar schlecht, / der Durst, der plagt'n scho a so, / daß er was saufn möcht.
  4. Da fallt eahm ei, er draht si um, / langt mit der Pratzn raus / und sauft in seinem Mordstrumm Rausch / des ganze Glasl aus.
  5. Am andern Morgn, da steht er auf, / sei Schädl is wia Blei. / "Ja so, mei Glasaug brauch i a", / sagt er und suacht's halt glei.
  6. Er schaut und schaut, da auf amal, / da is er grantig wordn: / "Jetzt leckts mi aba glei am Arsch, / jetzt hab i 's Aug verlorn!"
  7. A zwoa Stund drauf, da jammert er: / "Holts mir an Bader gschwind!" / Da Bader kimmt und fragt, wo's fehlt. / "Ja mei, am Oaschloch hint!"
  8. Der Bader schaut eahm nei ins Loch, / da packtn Angst und Graus: / "O Bruader," schreit er, "da schau her, / da linst ja oaner raus!"

Nach seiner schweren Kriegsverletzung im 1. Weltkrieg 1915 war Hans Kammerer 1915-1917 im Lazarett in Düsseldorf und München. Musik und Lieder erhielten in ihm den Glauben an das Leben. So schrieb er viele Lieder, die er von seinen Leidensgenossen im Lazarett sammelte, feinsäuberlich mit schwarzer und roter Tinte in Liederbücher. Diese Dokumente finden sich noch im Nachlaß von Hans Kammerer, der von der Familie Pangerl in Burghausen in Ehren verwahrt wird. "Das Glasaug" ist eines der Lieder, die Kammerer 1917 in seine Liedhandschriften eingetragen hat.