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Text zu: Das Siebte. Der Mai ist gekommen

  1. Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus: / da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus! / Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, / so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.
  2. Herr Vater, Frau Mutter, dass Gott euch behüt! / Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht. / Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschiert, / es gibt so manchen Wein, den ich nimmer noch probiert.
  3. Frisch auf drum, frisch auf drum im hellen Sonnenstrahl, / wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Tal! / Die Quellen erklingen die Bäume rauschen all; / mein Herz ist wie 'ne Lerche und stimmet ein mit Schall.
  4. Und abends im Städtchen, da kehr ich durstig ein: / "Herr Wirt, mein Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein! / Ergreife die Fiedel, du lustger Spielmann du! / Von meinem Schatz das Liedel, das singe ich dazu."
  5. Und find ich keine Herberg, so lieg ich zur Nacht / wohl unterm blauen Himmel, die Sterne halten Wacht. / Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach, / es küsset in der Frühe das Morgenrot mich wach.
  6. O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust! / Da wehet Gottes Odem so frisch in der Brust. / Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt: / Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt!

T: Emanuel Geibel (Lübeck 1815-1884). M: Justus Wilhelm Lyra (Osnabrück 1822-1882).