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Text zu: Paradeisspiel: Die Verführung durch den Teufel

    Teufel: (tritt hinter dem Baum hervor.) Ich komm herein ins Paradeis / geschlichen in einer Schlangen Weis. / Weil Gott erschaffen zwei Person / und hat s' geziert so wunderschön / und hat s' gesetzet in sein Haus, / will i iaz ge schaun, dass i s' bring heraus. / Eva! wenn du wissetst, was ich weiß / wurdst du bald essen von dieser Speis. / Warum dürft's ihr von den andern Früchten allen / essen nach eurem Wohlgefallen, / und von diesem Baum allein / soll euch die Frucht verboten sein? (Er streckt Eva einen imaginären Apfel entgegen.)

    Eva: (zu Adam) Bin ich dein Weib und du mein Mann, / ich bitt, schau nur den Baume an! / Er tragt die allerschönste Frucht, / desgleichen hab ich nie versucht. / Ich will ihn kosten, wie er schmeckt. (Nimmt den imaginären Apfel des Teufels und kostet.) / Wenn ich die Wahrheit sagen soll, / schmeckt mir die Frucht von Herzen wohl. / Ich bitt, du wollst auch kosten ihn. / Hast du mich lieb, so nimm ihn hin!

    Adam: (kostet, gibt ihr den Apfel zurück und schreit:) O Weib, wie ist mein Gemüt verwandelt! / Wir haben jetzt sehr übel gehandelt. / Weil ich hab gefolget dir, / Seh ich das ganze Unrecht nun vor mir, / sieh uns ganz nacket und ganz bloß. / O Weib! wir habn gesündigt groß. / (Beide verhüllen das Gesicht mit den Händen und verstecken sich hinter dem Baum.)

    Teufel: Ho! hätten Adam und Eva Kletten g'fressen, / wär 's ihnen tausendmal nützer g'wesen. / Durch mein List und Verräterei / hab ich 's zuwegen gebracht frei, / dass sie gebrochen Gottes Gebot / und habn gegessen, was er ihnen verbot. / Ich gib 's den Leuten in ihren Sinn, / ich mach 's ihnen ganz und gar gering: / Der Mann soll sich erhenken, / das Weib soll sich ertränken. / Da bekommen sie ihr Marter ab - / bei mir in der Höll haben sie ihr Grab.

Trad: Paradeisspiel "Laufener Adam- und Eva-Spiel": August Hartmann und Hyacinth Abele: Volksschauspiele. In Bayern und Österreich-Ungarn gesammelt. Leipzig 1880. S. 39 ff, Nr. VIII.
Die Münchner Volksliedforscher August Hartmann (1846-1917) und Hyacinth Abele (1823-1916) haben in den 1870er Jahren Volkslieder und Volksschauspiele gesammelt. Mehrere Aufzeichnungen stammen von den Laufener Schiffleuten, die im Winter als Sänger und Spieler ihr Brot verdient hatten. Ein Paradeisspiel wurde bis ins 19. Jahrhundert in Laufen, Reichenhall und im Rupertiwinkel aufgeführt. Es wurde in Fragmenten aufgezeichnet von August Hartmann, der es u.a. auf Hans Sachs (1494-1576), den Nürnberger Schuhmacher, Meistersinger und Dichter zurückführt. Aber auch Quellen aus anderen Orten im Inntal stehen zur Verfügung (z.B. Sammlung Horak), so dass genügend Material und Gedanken für eine Wiederbelebung vorhanden war.
Text: EBES.