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Text zu: Die Erstürmung von Ofen - 2. September 1686

Nach der erfolgreichen Eroberung der türkischen Festungen Gran und Neuhäusl durch bayerische Truppen am 16. August und 19. August 1685, blieb als einzige größere Befestigungsanlage Ofen (ungarisch: Buda) an der Donau in der Hand der Türken. Die Festung nahm eine Schlüsselstellung zur Beherrschung der Donaulinie ein und war damit ab 1686 zum wichtigsten Kriegsziel geworden. Die vereinigten kaiserlichen, bayerischen, brandenburgischen, sächsischen, schwäbischen, fränkischen und oberrheinischen Truppen unter dem Kommando Max Emanuels versuchten ab Juli 1686 zunächst erfolglos die Feste zu berennen. Am 22.Juli 1686 gelang es einem, in bayerischen Diensten stehenden, spanischen Militäringenieur das türkische Pulvermagazin im Zentrum der Befestigung zu sprengen. Zwischen dem 27. Juli und 2. September 1686 tobten die Kämpfe um die Befestigungsanlage; bayerischen und brandenburgischen Soldaten gelang am 2. September der Durchbruch; die Feste Ofen kapitulierte am 4. September 1686. Die folgenden Greueltaten an der Zivilbevölkerung, die sich aus Angst vor den zu erwartenden Übergriffen der "christlichen" Soldaten mit den türkischen Besatzern solidarisiert hatte, gehören zu den vielen schrecklichen Seiten der Türkenkriege.
Max Emanuel befahl bei seinem Einzug in die Stadt und Feste ein Ende des Mordens; beim Festbankett aus Anlass des Sieges ließ er als Gäste -wohl gemerkt- gefangene türkische Adelige und hohe Militärs teilnehmen. In Europa verbreitete sich sehr schnell der Ruhm des bayerischen Kurfürsten. Sein Sieg über die Türken weckte in Spanien die Erinnerung an die "Reconquista" gegen die Mauren. Der Liedtext thematisiert nur einige Aspekte des Kampfes. In der ersten Strophe wird auf die türkische Elitetruppe der "Janitscharen" hingewiesen, denen der bayerische Kurfürst die Festung abringt; in der dritten Strophe wird die Flucht des Großwesirs - hier "Grandvezier" genannt- mit seinem Hofstaat "Succurse" beschrieben. (wb)

  1. Nun singet und springet: 's hat wiedrum gewunnen / Der Bayrische Löw ein neue Viktor! / Emanuel hat das Ofen abgedrungen, / Mit sturmender Hand, dem Janitschar. / Kein Thurn und kein Mauern / Kunnt vor ihm ausdauern - / Der Türk hat's Trauern, / Weil er verspielt die Königsstadt gar.
  2. Wie auch der Feinde sich wehret und wetzet / Die Zähnd auf ihn, er lasset nit los, / Bis er ihm das Messer an d' Kehl gesetzet, / Und ihn darnieder strecket ein Stoß. / Viel' Tausend da liegen / Ganz blutig in Zügen - / Der Löw weiß zu siegen, / Er schlaget gewaltig so Mann als Roß.
  3. Dem Grandvezier fahrt der Schreck in d' Magen, / Er flohe mit seinem Succurse davon; / Sie kunnten die bayrische Kned'l nit vertragen, / So ihnen offeriert in großer Portion. / Ach laufen, ach laufen, / Wie d' Hasen in Haufen, / Sicht man sie mit Schnaufen, / Will keiner solch Speise zu einem Lohn.
  4. Groß Gut an Stuck und Pulver erstreitet / Der Bayrische Löw an diesem Tag, / Darzu viel Silber und Gold erbeutet, / Daß man es nit zu nennen vermag. / Thät mancher erraffen, / Gleichwie im Schlafen, / Das Glück aus'm Hafen, / Als wie in den Märlein geht die Sag.
  5. Ach Ofen, für dich ist's ein harter Tage, / Erschrecklich hat man dir eingeheizt! / Von deinen Bürgern erschallet laut Klagen, / Weil ihnen der Rauch in die Augen beißt. / So stark ward gehitzet, / Daß Alles Blut schwitzet, / Kein Wasser mehr nützet - / Der Tod allda hat fett gespeist.
  6. Vivat, der Kurfürst in Bayern soll leben, / Mit seinem gewaltigen Siegesschwert! / Auch seine Soldaten alle darneben, / So mannlich fechten zu Fuß und Pferd! / Zum Streiten und Kriegen, / Zum Schlagen und Siegen, / Wie d' Adler sie fliegen: / Sind aller Ehr und Ruhmes werth! -

Qu: Text mit Angabe "Altes geschrb. Liederbuch" veröffentlicht von Franz Wilhelm Freiherr von Ditfurth in "Die historischen Volkslieder der Zeit von 1648 bis 1756" (1. Band, Heilbronn 1877, Nr. 59), Neufassung und Melodie EBES 2005. TA: Martina Prochazka, Fischbachau; Gitarrenbegleitung Martin Prochazka; VMA 21.3.2006.