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Text zu: Abschied der Bäyerischen Bauern - 1705/1706

Das Lied "Ihr groben Reckel" nimmt Bezug auf die Niederschlagung der Bauernaufstände in Bayern Ende 1705 und Anfang 1706. Nach den Repressionen durch die österreichischen Besatzer hatte die Landbevölkerung zu den Waffen gegriffen, um sie aus Bayern zu verjagen. Nach Anfangserfolgen in Niederbayern wurden sie jedoch in Sendling bei München und in Aidenbach vernichtend geschlagen.
Nun werden in der politischen Propaganda – nichts anderes stellt dieses Lied dar – die Bauern zurechtgewiesen: Das Kriegshandwerk steht ihnen nicht zu, sie sollen es den regulierten, d.h. den ordentlichen Truppen überlassen. Stattdessen sollen sie Flachs spinnen, Schweine mästen und das einquartierte Militär gut verpflegen – ein Zynismus ohnegleichen, denn das Flachsspinnen ist Frauenarbeit, das Schweinemästen die niedrigste Arbeit auf einem Bauernhof und die Einquartierungen stellen ohnehin eine extreme Bedrohung für den Lebensunterhalt eines Bauern dar.
Zusätzlich werden die Bauern noch verspottet und verhöhnt, indem man die Schweine ihre Brüder nennt. Laut August Hartmann spielte die Propaganda der kaiserlichen Mächte damit auch auf den Spottnamen "Saubayern" an. Gleichzeitig steht die unverhohlene Drohung, dass jeder Widerstand mit dem Tode bestraft würde. Nur wer nach Hause geht und sich fügt, hat Frieden und Ruhe. Es fällt auf, dass dieser Text aus Freiburg in Sachsen stammt und dies könnte darauf hinweisen, wie isoliert Bayern im süd- und mitteldeutschen Raum dastand, als es sich den Franzosen zuwandte. (wk)

  1. Ihr groben Reckel ihr, / Nur weg mit euern Taten! / Ihr seid ja nicht Soldaten. / Geht, spinnet Flachs dafür!
  2. Lernt andre Kriegsmanier! / Legt scharf' Gewehre nieder / Und mästet eure Brüder, / Die Schweine, nur dafür!
  3. Legt ab den starren Kopf! / Sonst kriegt ihr derbe Schläge / Und peinliches Gehege. / Folgt keinem tollen Tropf!
  4. Man haut euch sonst entzwei. / Macht lieber gute Suppen / Vor regulierte Truppen! / So seid ihr Gast dabei.
  5. Ihr, die ihr revoltiert, / Müßt zwischen Himmel und Erden / Streng arrestieret werden, / Woselbst der Henker schnürt.
  6. Aufruhr dient nirgends zu. / Geht heim in eure Häuser / Und bleibt getreu dem Kaiser! / So habt ihr Fried und Ruh.

Qu: Nach Hartmann/Abele "Historische Volkslieder und Zeitgedichte" (München 1910, Nr. 136) wurde dieser Propagandatext 1706 in Zeitungen abgedruckt mit unterschiedlichen Titeln, z.B. "Abschied der Bäyerischen Bauern" beim Artikel "Von dem Aufstand der aufrührischen Bauern in Bayern und deroselben Tilgung durch Käyserl. Edict und Urthel des Metzger Kraussens [20. Dezember 1705] und anderer Rebellen." mit dem abschätzigen Kommentar "Die Bauern in Bayern hat ein lustiger Kopff mit einem Liedlein abgefertiget, welches annoch hieher setze ...". Die Flugschrift "Gründliche Vorstellung, daß der wider die Röm. Käyserl. Majestät und Dero höchstlöbl. Administration der Chur=Bayerischen Lande von den Unterthanen darinnen vorgenommene Aufstand unrechtmäßig, gewissenloß und hochstraffbar sey. Ans Tagelicht gegeben Anno 1706" bringt am Schluss den Text mit der abschätzigen Bemerkung: "Damit dieses Blatt nicht gantz leer bleibt, so hat der Buchdrucker, welcher gestalt durch ein in Sachsen gemachtes Lied den Bayerischen Revoltanten der Abschied gegeben worden ist, anhero setzen wollen". TA: Konrad Thalmeier, Rohrdorf; VMA 24.5.2004; erstellt für die Ausstellung "Brennpunkt Europas 1704 - Die Schlacht von Höchstädt - The Battle of Blenheim" (VMA für die Museumsabteilung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen in Schloß Höchstädt 2004 und folgende Dauerausstellung, ebenso Nr. 20, 22 und 24 dieser CD).