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Text zu: "Als Jüngling schlug mir hoch die Brust"

Der Münchner Volksliedforscher August Hartmann (1846-1917) veröffentlichte dieses Lied (Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. 3 Bände. München 1907-1913) mit der Bemerkung: "Mündlich aus Daglfing bei München, Kraiburg am Inn und Hohenaschau (Oberbayern)". Es handelt sich um eine auch in Österreich und anderen deutschen Gebieten verbreitete Liedform, die im Text dem sonst in Soldatenliedern oft anzutreffenden "Hurra-Patriotismus" widerspricht. Inhaltlich nimmt das Lied auf die Napoleonischen Kriege und die Schlacht bei Leipzig 1813 Bezug. Deutlich wird die Meinungsänderung des Soldaten, seine Verwundung und der dann realistische soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Abstieg beschrieben. Es handelt sich hier um ein Anti-Kriegslied. Das Buch Hartmanns mit diesem Lied erschien 1913, also 1 Jahr vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges, in dem wieder Deutsche und Franzosen gegeneinander kämpfen. In den letzten Strophen ist ein Geist zu spüren, der Grundlage eines dauerhaften Friedens sein könnte. Die Melodie findet sich in Hartmanns handschriftlichen Liedaufzeichnungen mehrfach für erzählende Lieder.

  1. Als Jüngling schlug mir hoch die Brust / von Kriegeslust und Kriegesfeuer. / Da gab ich denn mit heitrer Lust / fürs Vaterland den letzten Dreier. / Doch kam es einstmals auch dahin / als ein Husar ins Feld zu zieh'n.
  2. Ich war bei mancher heißen Schlacht, / schlug tapfer mich durch Frankreichs Krieger, / hab manchen Streich gut angebracht; / doch blieb ich auch nicht immer Sieger. / Bei Leipzig traf auch mich ein Hieb, / daß mir der Arm im Dolman blieb.
  3. Ich sank mit einem schweren Fluch / alsbald herab von meinem Schimmel. / Der Franzmann löst' vom Hals ein Tuch / und sprach zu mir im Schlachtgetümmel: / "Hier, Kamerad, verbind er sich!" / Mit nassem Blick verließ er mich.
  4. Verstümmelt kehrte ich nach Haus, / erhielt dort Brot auf viele Bitten. / Ich schrie des Nachts die Stunden aus, / das Dorf vor Feu'r und Raub zu hüten, / und erntete statt einem Lohn / von losen Schwärmern spott und Hohn.
  5. Als ich nun einmal mißvergnügt / dort um das schöne Dörflein lenkte, / so an der Heeresstraße liegt, / und mich von Gott verlassen dünkte, / da kam auf Extrapost ein Mann / und hielt mich mit den Worten an:
  6. "He, Kamerad, du warst Husar. / Wir trafen uns auf Leipzigs Auen, / wo ich zum Glück dein Sieger war / und dir den Arm hab abgehauen. / Doch gab ich dir aus Menschensinn / mein Halstuch zum Verbande hin."
  7. "Ach, guter Freund, bist du der Mann, / der mir den Arm hat abgehauen! / Hättst du das Leben mir geraubt, / dürft ich nicht so ins Unglück schauen. / Doch gabst du mir aus Menschensinn / dein Halstuch zum Verbande hin."
  8. Da sprach der junge Offizier: / "Verlaß das Dorf und deine Wache / und komm fortan in mein Quartier / und wohne unter meinem Dache!" / Mit beiden Händen hob er mich / in seinen Wagen brüderlich.

TA: 5. November 1994 im Kloster Seeon; Josef Linhuber aus Eggstätt und Franz Xaver Taubenberger aus Holzkirchen, Gitarrenbegleitung Eva Bruckner.