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Text zu: Freinderl, kennst du das Haus oder: Nur die Freiheit ist das Paradies

  1. Freinderl, kennst du das Haus / drunt am Paradeplatz, / da wo so manches Madl / seinen Schatz drin hat. / Denn die da drinnen sitzen, / die schaun so traurig aus, / das ist das teure, teure / "Lassts mi aus!".
  2. In da Früah um halbe sechse, / da geht der Jammer los, / da schepperns mit de Schlüssl, / dann sperrns da auf dei Schloß, / und mit de Wasserkübin, / da rennans hin und her, / ja mit koan Maßkruag / halt nimmermehr.
  3. Mittags um halbe zwölfi, / da kriagst dann dei Menage, / Freinderl, de wannst sechatst, / des is a wahrer Graus. / Erst wannstas fressn miaßatst, / na kamst ja glei ins Spital, / da lebast a nimmer lang, / vareckatst bald.
  4. Auf d'Nacht um halbe achte, / da kriagst dann dei Matratzn, / Freinderl, de is z'bissn / vo de Mäus und Ratzn. / Vo de Läus und Flöh, / da kriagst halt a koa Ruah, / bis in den andern Tag / in aller Fruah.
  5. Ja meine liabn Leut, / jetz werds do oamal gescheit, / denkts nur an einen Gott, / an die Gerechtigkeit. / Es ist ein hartes Los, / wenn man verriegelt ist, / denn nur die Freiheit / ist das Paradies.
  6. Eine alte Kupplerin, / die einst vorüberging, / die dacht in ihrem Sinn: / Ja, da war i auch schon drin. / Da wo koa Vogerl singt / und a koa Zither klingt, / da is de Luft net rein, / da sperrns di ein. / Das war die Sennerin von Sankt Kathrein.

So hat Josef Bauer (1896-1977), vulgo "Kraudn Sepp" von Gaissach, in den 1960er Jahren dieses Lied gesungen. Später vereinfachte er die Melodie etwas. Es war ihm bis ins hohe Alter ans Herz gewachsen. Auch der Kiem Pauli (1882-1961) hat das Lied gern solistisch vorgetragen (vgl. CD "Kiem Pauli und seine Sängerfreunde in den 30er Jahren - Frühe Tonaufnahmen", VMA 1995). Der Text könnte nach den Forschungen von Wolfgang A. Mayer auf ein Wiener Gefängnislied "O theures Erbsien" (1840 und älter?) zurückgehen, die Melodie ist eine verbreitete Vierzeilerweise. Von den Zuhörern wurde das Lied vom "Münchner Soldatengefängnis" (Varianten sprechen auch vom "Straubinger" oder "Laufener" Gefängnis) immer wieder gewünscht; auch in die junge Münchner Volksmusikszene der 1980er Jahre ging es ein. Das Anhängsl "Das war die Sennerin von St. Kathrein" erlangte große Verbreitung.

Heft: Balladen, Moritaten und gesungene Geschichten IV, S. 10, VMA 1993. TA: VMA/TTE-0013; Moritatensänger des Bezirks Oberbayern; 11.7. 1994, Wohnzimmer der Familie Rosner in Haar.