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Text zu: "Nun will ich aber heben an" - Tannhauser-Ballade

Einer Sage nach stammt der Ritter Tannhauser aus Siegsdorf/Obb. und lebte um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Ein Stein an einer Kette in der Kirche von Bergen erinnert an sein "sündiges" Leben, seine Buße und die Verzeihung, die ihm der Himmel gewährte, während sie ihm der Papst versagte. Das Lied, das am Vorabend der Reformation um 1500 entstand und/oder verbreitet war, äußert deutliche Kritik an der Bußpraxis der katholischen Kirche (z.B. Ablaßhandel) und am Papst. Luthers Thesenanschlag war 1517.
Die Ballade von "Tannhauser" oder "Tannhäuser" läßt sich in Bayern anhand schriftlicher Quellen weit zurückverfolgen. Die wohl älteste Melodie stammt aus der Zeit um 1500 und ist in der Bayerischen Staatsbibliothek in München verzeichnet. Unsere Melodie wurde in Kärnten aufgeschrieben und trägt Grundzüge dieser alten Melodie in sich. In der Textform besteht der Bezug zu einem Textflugblatt aus dem Jahr 1515, das in Nürnberg gedruckt wurde. Die Strophen haben sich im Gebrauch der Sänger verändert.

  1. Nun will ich aber heben an, / Tannhauser zu besingen, / und was er wunders hat getan / im Venusberg darinnen.
  2. Und wie er kam vor'n Venusberg, / da klopft er an die Pforte: / "Frau Venus, laßt mich freundlich ein, / mich verlangt nach diesem Orte!"
  3. Dort blieb er 7 Jahre lang / und lebt in Freud' und Liebe. / Ein Sünder wurde er genannt, / dem der Himmel verschlossen bliebe.
  4. Und als er lag unterm Feichtenbaum, / ein kleines Zeitl zu schlafen, / da sagt ein Stimm' wohl in dem Traum: / "Geh zum Papst auf Buß und Strafen!"
  5. Tannhauser macht sich auf die Reis, / nach Rom ist er gegangen, / auf daß er dort nach Reu und Beicht / will Ablaß und Gnad erlangen.
  6. Der Papst nimmt seinen Pilgerstab, / der sich vor Dürre spaltet: / "So wenig der Stecken grünen mag, / kannst Gnade du erhalten!"
  7. "Und wenn ich nicht zum Ablaß komm, / und keine Gnad mehr erhalte, / geh ich zurück in' Venusberg / und bleib bei ihr im Walde!"
  8. Es währt bis an den dritten Tag, / der Stab fing an zu grünen. / Der Papst schickt aus in alle Land: / Wo ist Tannhauser hinkommen?
  9. Tannhauser aber ging allein, / daß man ihn nicht kann finden, / auf hohen Berg bei einem Stein, / da beicht' er seine Sünden.
  10. Tannhauser, der ist nimmer hier, / ist schon im himmlischen Garten - / vielleicht tief drinn im Venusberg, / den jüngsten Tag zu erwarten.
  11. Drum sollt kein Papst, kein Kardinal / den Sünder nicht verdammen! / Der Sünder sei groß wie er will / Gott schenkt ihm Gnade - Amen!

Dr: Balladen, Moritaten II. VMA 1991. S.10. TA: Michaela Leidel, TH Hittenk., 10.5.1992.