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Text zu: Nr. 217. – "Wo bist du, Bonaparte" [1799]

Im November 1799 übernahm Napoleon Bonaparte als Erster Konsul die Regierungsgewalt in Frankreich. Im Jahr zuvor hatte er durch einen Feldzug nach Ägypten, einem Teil des Osmanischen Reichs, versucht, den französischen Einfluss im Mittelmeer zu stärken und die Engländer am weiteren Ausbau ihrer Großmachtpläne zu hindern. Auf der Überfahrt nach Ägypten besetzte er im Frühsommer 1798 die Insel Malta und machte sich dadurch den russischen Zaren Paul I., den Großmeister des Malteserordens, zum Feind. Der Zar schloss daraufhin ein Bündnis mit dem Sultan, um Napoleon militärisch zu vernichten. Nach anfänglichen Erfolgen der französischen Armee in Ägypten und Palästina, drohte das Unternehmen jedoch zu scheitern, als die englische Flotte unter Admiral Horatio Nelson in der Seeschlacht von Abukir (1./2.8.1798) die französische Flotte besiegte. Napoleon gelang erst im August 1799 die Rückkehr nach Frankreich, unter Zurücklassung seines militärischen Expeditionskorps. Durch den Sturz des "Direktoriums" in Paris am 9./10.11.1799 wurde Napoleon Erster Konsul Frankreichs mit allumfassender Machtbefugnis. Der Text des vorliegenden Liedes bezieht sich auf den Spätsommer 1799, als Napoleon Ägypten verlassen hatte, jedoch noch nicht in Frankreich eingetroffen war. Im Wechselgesang zwischen einem "Engländer" und "Napoleon" wird dessen Machtgier angeprangert und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Nelsons Flotte ihm eine empfindliche Niederlage beschert hat und auch der Zar von Rußland alle diplomatischen Möglichkeiten ausnutzt, um ihn zu bezwingen. Demgegenüber vertraut Napoleon auf seine "Klugheit" und seine militärische Stärke sowie auf den Sieg der Ideen und Ideale der französischen Revolution, wenn er am Ende der 4. Strophe ausruft "Es leb' die Republik!". (WB)

  1. Engländer.   Wo bist du, Bonaparte, / Daß man dich nicht erwischt? / Hast du vielleicht die Karte / Aufs neue falsch gemischt? / Ich bin im Sturm und Winde / Gesegelt weit und breit, / Engländer. |: und kann dich doch nicht finden; / Das tut mei'm Herz so leid. :|
  2. Napoleon.   Ich laß mich auch nicht fangen. / Glaub nur: ich bin kein Tor! / Ich suche zu erlangen, / Was ich mir nehme vor. / Zu Wasser und zu Lande / Bin ich bald da und dort. / |: Ich handle mit Verstande, / Mit Klugheit immerfort. :|
  3. Engländer.   Trau nicht, o Bonaparte / Auf dich und dein'n Verstand! / Schau nur, wie in der Karte / Sich schnell ein Blatt gewandt! / Gedenk an die Manöver / Der Nelson Schiffen recht! / |: Sie kämpfen wie die Löwen; / Das ist zu dir 's Gefecht. :|
  4. Napoleon.   Zwar wollte mich einschließen / Der Feind mit List und Macht; / Doch hat er weichen müssen / Und man ihn ausgelacht. / Die Russen werd ich zwingen / Und weichen nicht zurück / |: Bis daß sie alle singen: / "Es leb die Republik!" :|
  5. Engländer.   Trau nicht, o Bonaparte, / Auf dich und deine Schar! / Dein Schwert kriegt eine Scharte, / Eh du es wirst gewahr. / Du bist der rechte Weise, / Der daran wohl nicht denkt, / |: Daß man die klügsten Mäuse / Am Ende doch noch fängt. :|

Qu: Hartmann/Abele, 1913, Nr. 217 [1799]; Mündlich von einem alten Bauern zu Sufferloh (Dorf bei Großhartpenning südlich von Holzkirchen, Oberbayern). Melodie teils nach überlieferten Motiven völlig neugestaltet, EBES 2015.
TA: Florian Burgmayr, Warngau; Andreas Stauber (auch Gitarrenbegleitung), München; VMA 19.04.2015.