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Text zu: Nr. 228. – "Triumph! geendet ist der Streit" [1806]

"Patriotische Empfindungen bey der Erhebung Baierns zum Königreiche. Von Joseph Pracht, Ober-Schul KommissariatsAktuar in Straubing 1806." – so ist der Lieddruck betitelt.
Im November 1805, einen Monat vor der offiziellen Erhebung Bayerns zum Königreich (1.1.1806) wurde im "Churbaierischen Intelligenzblatt", einer halbamtlichen Zeitschrift für Handel, Wirtschaft, Landwirtschaft, Gesundheitsfürsorge und Kultur, ein Aufruf veröffentlicht, bayerische "Nationalgesänge" zu verfassen. Fürstenliebe, Vaterlandsliebe und "Gemeingeist" sollten darin vorrangig zum Ausdruck gebracht werden. Abbé Georg Joseph Vogler (1749-1814), Freund und Konkurrent Mozarts dichtete daraufhin die Hymne "Heil unserm König". Auch der Beamte der staatlichen Schulverwaltung in Straubing, Joseph Pracht, sah sich dazu veranlasst, gemäß den Vorgaben einen Liedtext zu verfassen. Dabei leitete er die Rangerhöhung des bayerischen Kurfürsten sehr realistisch von den kriegerischen Auseinandersetzungen und dem erfolgreichen Eingreifen Napoleons her (Strophe 3 und 16), ohne jedoch auf einen Hinweis auf das uralte Herkommen eines bayerischen Königtums – von den "Bojern" – zu unterdrücken. Dabei leugnet Joseph Pracht keineswegs, dass es sich letztlich um ein "neues" Königtum handelt (Strophe 9). In den nachfolgenden Strophen (10-15) wird die väterliche Güte des bayerischen Landesherrn hervorgehoben, der zu seinen Untertanen menschlich ist, die Wissenschaften und Künste fördert und für eine gute schulische Ausbildung der Jugend sorgt. Allerdings gipfelt der Jubel nicht, wie zu erwarten ist, in einer abschließenden Huldigung des neuen bayerischen Königs, sondern im Hinweis auf Napoleon und dessen Engagement für Bayern, das durch ein jährlich stattfindendes "Rettungsfest" gewürdigt werden soll. (WB)

  1. Triumph! geendet ist der Streit. / Frohlocket, liebe Brüder! / Es stürzte die Gerechtigkeit / Die Ruhestörer nieder.
  2. Die stolzen Feinde sind besiegt, / Die uns ein Grab bereitet. / So geht es, wenn der Frevel kriegt, / Die Habsucht Herzen leitet.
  3. Der Höchste sah von seinem Thron / Auf unsern Jammer nieder / Und riß uns durch Napoleon / Aus Räuberklauen wieder.
  4. War auf der Erde je ein Held, / Der so wie dieser kriegte? / Er rief nur: "Kinder! auf ins Feld!" / Und kam und sah und siegte.
  5. Gerettet war das Bayerland; / Doch dies schien Ihm zu wenig. / Er hob mit seiner Heldenhand / Den Fürsten noch zum König.
  6. Er sah ja unsrer Brüder Mut, / Die mit im Felde standen, / Sah, wie sie mit gerechter Wut / Die Kriegeskunst verbanden.
  7. Des tapfern Bayernlandes Ruhm / Soll nimmermehr vergehen. / Drum wollte Er zum Königtum / Es neuerdings erhöhen.
  8. Kanonen donnern itzt nicht mehr / Um Roß und Mann zu strecken / Und offne Felder weit umher / Mit Leichen zu bedecken.
  9. Sie künden uns nur Freuden an. / Kein Bojerherz erbebe! / Ruft, Brüder: "Maximilian, / Der neue König, lebe!"
  10. Wir hören zwar manch Ach und Weh / Und sehen Tränen fließen; / Doch Max der edelmütige / Wird sie zu trocknen wissen.
  11. Er bleibt als weiser Mann sich gleich; / Ihn ändert keine Krone. / Sein Vaterherz ist immer weich, / Auch auf dem Königsthrone.
  12. Und Huld läßt in dem sanften Blick / Der Königin sich sehen. / Sie will nur ihrer Kinder Glück, / Nur lindern ihre Wehen.
  13. Ein gleiches Herz, ein gleicher Sinn / Wird Alles neu beleben. / Die Wissenschaften werden blühn, / Die Künste sich erheben.
  14. Noch mehr wird jetzt zum Unterricht / Sich Bayerns Jugend freuen; / Denn Fried und Maxens Schutz verspricht / Ein doppeltes Gedeihen.
  15. Triumph! geendet ist der Streit. / Frohlocket, liebe Brüder! / Es lacht uns eine goldne Zeit / In Max dem König wieder.
  16. Verherrlicht bleibe immerdar / Napoleon in Bayern! / Und Pflicht sei es, mit jedem Jahr / Das Rettungsfest zu feiern!

Qu: Hartmann/Abele, 1913, Nr. 228 [1806]; "Patriotische Empfindungen bey der Erhebung Baierns zum Könichreiche. Von Joseph Pracht, Ober-SchulkommissariatsAktuar in Straubing. 1806." Alter Druck in der Staatsbibliothek zu München.
TA: Regina Killermann, München;VMA 18.4.2015.