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Text zu: Nr. 235. – "Frühmorgen als der Tag anbrach" [1809]

Nach August Hartmann ist der Text dieses Liedes sowohl in Oberbayern (Floßing bei Mühldorf/Inn) als auch in Land Salzburg überliefert. Der Textdichter soll ein bayerischer Soldat gewesen sein (Strophe 5), daher ist das Lied auch in der Sichtweise auf die Ereignisse aus der Perspektive der militärischen Sieger erzählt. Durch die konsequent und mit Härte durchgesetzten Neuerungen in Verwaltung, Wirtschaft und Kultus machten sich die bayerischen Beamten in Tirol sehr schnell unbeliebt. Speziell die wirtschaftlichen Einbußen und die Bedrückungen durch Einquartierung sowie die Klostersäkularisierungen und Verbote religiöser Feiertage führten zu dauernden Mißhelligkeiten und einer generellen Ablehnung der bayerischen Verwaltung. Die gezielte österreichische Propaganda führte schließlich im Frühjahr 1809 zu kriegerischen Auseinandersetzungen, denen die bayerisch-französischen Truppen nicht gewachsen waren. Von Mai bis November tobten fünf grausame Schlachten um den von den Tirolern besetzten Berg Isel. In der letzten Schlacht am 1.11.1809 siegte der bayerische General Wrede mit seinen Truppen; der Tiroler Aufstand brach zusammen, der Freiheitsheld Andreas Hofer versuchte sich erfolglos vor der Gefangennahme zu retten und wurde im Februar 1810 auf Befehl Napoleons in Mantua hingerichtet. Von den Schrecken der Kämpfe ist im Liedtext nur wenig zu spüren. Nur auf einige Gefechte zwischen Tirolern und bayerisch-französischen Einheiten bei den Strubpässen und bei Lofer wird hingewiesen (Strophe 3). Die eher allgemein formulierten Beschreibungen der Begebenheiten sowie der mehrmalige Hinweis auf die Lage der Tiroler ("Sie sind verloren") spiegeln die Atmosphäre der Bedrohung und der Entsetzlichkeiten wieder, die dieser Krieg mit sich brachte. (WB)

  1. Frühmorgen als der Tag anbrach / Und General Wrede vom Schlaf erwacht', / Ließ er aufbrechen. / |: Er rückt mit fünfzigtausend Mann / Wohl auf die wahren Tiroler an / Auf ihren Bergen. :|
  2. Und als der General Wrede kam, / [Da] Bitten Tiroler gleich um Pardon: / Schenk uns das Leben! / |: "Ach nein! ach nein, Tirolerkopf! / Du mußt geschossen werden tot / Auf deinen Bergen." :|
  3. Bei Strub und Lofer war der erste Paß; / Da haut man drein, daß es blitzt und kracht, / Sie zu verjagen. / |: Auf einmal wurd der Berg so rot / Mit lauter so tirolischem Blut. / Sie sind verloren. :|
  4. Und wie sie geritten auf Innsbruck hinein, / Wo soviel tausend Tiroler drin sein, / Sie müssen weichen. / |: Was da die Chevaulégers rumflankieren, (O Gott! da kann man Wunder sehn,) / [Ja] Ob sie kein'n Tiroler g'spüren. / Die sind verloren. :|
  5. Wer hat doch dieses Lied erdacht? / Zwei bayrische Chevaulégers auf der Wacht, / Auf grüner Heiden. / |: Sie laden ihre Pistolen geschwind / Und schießen s' auf die Tiroler hin; / Die sind verloren. :|

Qu: Hartmann/Abele, 1913, Nr. 235 [1809]; Mündlich aus Flossing bei Mühldorf (am Inn, Oberbayern) und aus Bischofshofen (Herzogtum Salzburg). Auch in einem alten geschriebenen Liederbuch aus Pfarrwerfen (Salzburg), mir mitgeteilt durch Herrn Professor Hermann Wagner. Im zweiten von oben (Bischofshofen) und im dritten (Pfarrwerfen) ist das Meiste Dialekt und auch Vieles im ersten (Flossing). Doch war es offenbar ursprünglich fast ganz hochdeutsch, weshalb ich es so schrieb. Im zweiten und dritten sind auch viele Worte anders, aber offenbar erst in der mündlichen Verbreitung so geworden. In dem von Bischofshofen folgende Melodie (27): [hier folgt Melodie 27, wie gesungen]. Textangleichung an Melodie EBES 2015.
TA: Dr. Reinhard Baumgartner (auch eigene Zitherbegleitung), Bergham/Mühldorf; VMA 18.4.2015.