Navigation überspringen.
Startseite

Text zu: Nr. 243. – "Merkt auf, meine Herren!" [1812]

Das Lied spiegelt die Situation nach dem verlorenen Russlandfeldzug wider: Im Juni 1812 versammelte Napoleon ein Heer von 450.000 Mann und rückte gegen Russland vor, weil Russland der einzige verbliebene Gegenspieler auf dem Kontinent war. Schon von Anfang an stand das Unternehmen unter keinem guten Stern, denn sowohl die Hitze, als auch Hunger und Durst mangels Nachschub und Krankheit dezimierten das Heer, so dass es schon im August auf 160.000 Mann geschmolzen war. Bis Moskau lockte der Zar Napoleon, ohne Verhandlungen anzubieten. Der verlustreiche Sieg in der Schlacht von Borodino und das brennende Moskau untergruben die Moral der Truppen. Schließlich machten die Strategie der verbrannten Erde und die ständigen Attacken der Kosaken ein weiteres Operieren unmöglich, so dass sich im Oktober Napoleon und die Reste seines Heeres unverrichteter Dinge auf den Rückzug machten. Dabei gerieten sie noch in einen verfrühten Wintereinbruch, auf den sie auch nicht vorbereitet waren und erlitten beim Übergang über die Beresina eine weitere Niederlage. Im Dezember 1812 überschritten nur noch 18.000 napoleonische Soldaten die Grenze nach Deutschland – von rd. 34.000 Bayern kamen nur 3.000 zurück. – In vielen Berichten, so auch in diesem Lied, tritt immer wieder die Mutmaßung hervor, dass sich Napoleon nach einem Sieg über den russischen Kaiser (nachdem er zuvor alle anderen Kaiser zur Abdankung gezwungen oder besiegt hatte) als letzter verbliebener Kaiser zum europäischen Kaiser aufschwingen wollte. Darauf deutet auch hin, dass man ihm andichtet, er habe schon Krone und Szepter bei sich gehabt (2. Strophe), um sich möglichst schnell krönen zu lassen. Stattdessen habe er alles verloren: die Sporen, ohne die ein Reiter nicht auskommt und den berühmten Hut, ohne den ein erfolgreicher Napoleon nicht denkbar war. (WK)

  1. Merkt auf, meine Herren! ich will euch erzähln / Von Kaiser Napoleon, von dem großen Heldn, / Wie Kaiser Napoleon ins Rußland war nein / Und wollt europäischer Kaiser gleich sein.
  2. Die Kron' und den Szepter hat er bei sich g'habt; / Da habn ihn ja gleich die Kosaken ertappt. / Er hat Viel verloren, viel Geld und viel Gut, / Vom Stiefel die Sporen, vom Kopfe den Hut.

Qu: Hartmann/Abele, 1913, Nr. 243 [1812]; Mündlich aus Sachrang im Priental (Oberbayern). Die erste Strophe ähnlich auch in: Deutsche Volkslieder aus Steiermark, herausgegeben von Anton Schlossar. Innsbruck 1881. Dort S. 301: Lost auf, meine Herrn, was ich euch will erzähln (9 Strophen, aber ohne die obige zweite und die Melodie). Vgl. Melodievariante zu Lied 15 auf dieser CD und Napoleonlied (CD Histor. Volkslieder II/13).
TA: Eva Bruckner, Berchtesgaden; VMA 18.4.2015.