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Text zu: Nr. 267. – "Von Elbas Küsten ist Napoleon entwischt" [1815]

In diesem Lied wirft der Dichter den Delegierten auf dem Wiener Kongress (18.9.1814-9.6.1815) vor, sie hätten mit ihrer Schacherei Volk und Fürsten betrogen. Weil Sachsen bis zum Schluss an der Seite Napoleons geblieben war, wurde es als Verlierer behandelt. Da Preußen Entschädigung für das Herzogtum Warschau verlangte, welches Russland beanspruchte, sollte Sachsen dem preußischen Königreich einverleibt werden. Österreich – unterstützt von England, das vom Herzog von Wellington (1769-1852) repräsentiert wurde – opponierte dagegen, weil dadurch Preußen zu nahe an seine Grenzen in Böhmen herangereicht hätte. Die Unstimmigkeiten darüber hätten beinahe zur militärischen Auseinandersetzung geführt. Als Napoleon im März 1815 von Elba zurückkehrte und die Herrschaft der 100 Tage antrat, kam man zu einer schnellen Einigung: Polen und Sachsen wurden geteilt, und der nördliche Teil Sachsens kam zu Preußen, während in etwa die Hälfte als Königreich weiter bestand. In die Verhandlungen wurde der sächsische König überhaupt nicht eingebunden. Er musste währenddessen in Pressburg wohnen. Nachdem der Zweck des Kongresses die Wiederherstellung der alten Ordnung gewesen war, wurde dieses Vorgehen als Betrug empfunden. (WK)

  1. Von Elbas Küsten ist Napoleon entwischt / So kam die Nachricht an den Tisch der Großen / Nach Wien, und Schreck entstellt ihr Angesicht, / Weil Volk und Fürsten sie betrogen.
  2. Nur Wellington lacht überlaut, / Weil sie sich nicht zu raten wissen, / Und fragt: habt ihr denn nicht geschaut / Das Bild, so sie in Sachsen sehen ließen?
  3. Wärt ihr den Worten treu geblieben, / So ihr der Welt mit Gott getan, / Die Nachricht dürft euch nicht betrüben; / Euch schätzte jeder deutsche Mann.
  4. So aber habt ihr sie belogen. / Ein jeder spiegelt sich daran, / Wie ihr die Sachsen habt betrogen, / Wie schlecht ihr ihrem Fürst getan.
  5. Wer wird euch nun noch Glauben schenken, / Was ihr auch immer sagen möcht? / Dies ist mein Rat; möcht ihn bedenken! / Sonst lauft noch eure Sache schlecht.

Qu: Hartmann/Abele, 1913, Nr. 267 [1815]; "Auf die Entweichung Napoleons". Kgl. Bibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung Ms. germ. fol. 1067, Blatt 21. Melodie teils nach überlieferten Motiven völlig neugestaltet, EBES 2015.
TA: Konrad Thalmeier, Rohrdorf; Hans Auer (Harfenbegleitung), Hammerau; VMA 8.5.2015.