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Text zu: Der boarische Kanonier

Die Zeit nach der Französischen Revolution (1789) bis zum Ende der Herrschaft Napole- ons (1815) verwandelte Europa in einen dauernden Kriegsschauplatz. Die Verrohung der Sitten und die Militarisierung weiter Teile der Bevölkerung prägten das Bild der Zeitgenossen. Neue militärische Formationen, wie die "Leichte Reiterei" ("Chevau-léger") wurden zum Allgemeingut. Dieses Lied ist in mehreren Fassungen im mündlichen Volksgesang Altbayerns bis ins späte 20. Jahrhundert bekannt mit Bezug zu den Napoleonischen Kriegen, der "Drei-Kaiser-Schlacht" bei Austerlitz 1805 – aber auch der (später noch stärkeren) Rivalität zwischen Bayern und Preußen. In manchen Fassungen ist der bayerische Soldat, der seine Kriegserlebnisse erzählt, ein "Schwalangscher" – also ein "leichter Reiter", nicht der hier benannte "Kanonier". Die Sänger haben nicht selten die Lieder oder die in den Liedern handelnden Personen auf ihr eigenes Leben zurechtgemacht. Trotz geschilderter Grausamkeiten des Krieges klingt ein rückblickender Soldatenstolz durch.
  1. Bin ich ein boarischer Kanonier, |: streit für das Vaterland :|
    |: und trag bereits schon sieben Jahr / den Sabl in der Hand. :|
  2. Einst gab ich meinem Pferd die Sporn, |: ein Ruß kam auf mich her, :|
    |: war ein Kusack, ein Offizier, / ein Kerl als wie ein Bär. :|
  3. Er schoß auf mich mit Pistolen los,|: kaum war der Schuß vorbei, :|
    |: so gab ich ihm einen Hieb, / daß ihm der Kopf entzwei. :|
  4. Ich hob ihm seine Merse ab, |: von Gold war sie ganz steif, :|
    |: und was mir noch das Liebste war, / war seine Tawakspfeif. :|
  5. Und die Pfeif, die schätz ich mir |: als wie ein Heiligtum, :|
    |: ich trag[e] sie stets bei mir / zu meinem stillen Ruhm. :|
  6. Ich schätze mich als Edelmann, |: wenn ich zu Pferde sitz, :|
    |: und streite durch das ganze Land / von hier bis Austerlitz. :|
  7. Und in der Schlacht von Austerlitz |: verlor ich einen Fuß, :|
    |: zerst griff ich nach der Tabakspfeif / und dann erst nach dem Fuß. :| [Strophe fehlt bei KP]
  8. O wie gerne wollte ich |: mein zweites Bein verliern, :|
    |: o könnte ich noch eine Schlacht / mit Preußn arrangiern! :|
  9. Und nach der Schlacht bei Austerlitz |: maschierten wir nach Wien, :|
    |: und als wir dort hineinmaschiern, / war selbst der Kaiser drinn. :| [= Str. 7 bei KP]
Qu: KP, S. 206/207, Text. "Handschriftlich von Schmucker, Ruhpolding." TA: Franz (auch Gitarrenbegleitung) und Uschi Schötz, damals Neufahrn, mit einer nach dem 2. Weltkrieg gebräuchlichen Melodie; 9.1.1993, Trachtenheim Hittenkirchen; VMA/TRL-0221; enthalten auf der CD "Historische Volkslieder I", VMA 2003.