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Text zu: Wackersberger und Griasla Anno 48

Dieses Lied geht auf ein Gedicht des Tölzer Dichters Johann Georg Heiß zurück und beschreibt einen Vorfall vom 8.8.1848. Das Gedankengut der 1848-er Revolution hatte sich auch im Oberland verbreitet, weswegen man zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Polizeigewalt verstärkte. Demgegenüber feierte man aber das neue freiheitliche Gedankengut mit Festschießen und Fahnenweihen. Die Tölzer ("Griasla" vom Ortsteil Gries) veranstalteten eine große Feier zu Ehren des Reichsverwesers Erzherzog Johann (1782-1859) auf dem sog. Studentenbichl (im Lied: "Studenberg"). Dabei führten sie auch eine schwarz-rot-goldene Fahne mit sich und ein großes Porträt des Erzherzogs. Von dem Treiben fühlten sich die mit den "Griaslern" rivalisierenden Einwohner von Wackersberg gestört und überfielen nach Einbruch der Dunkelheit die Festgesellschaft, vertrieben die Teilnehmer, entwendeten die Fahne und zogen wieder ab – nicht ohne vorher das Porträt des Erzherzogs zerstört und das restliche Bier (nach dem Lied 2 1/2 Eimer = ca. 150 Maß) getrunken zu haben. Die Fahne gaben sie 100 Jahre später den Tölzern zurück.(Nach Informationen von Hannes Janßen.)

  1. I moa, es werd des Gscheida sei, / i tua enk was [vor-]singa,
    wia d'Wackersberger gschossn habn / und wia die Griasla springa.
  2. [Und] z'Tölz [wohl] auf dem Studenberg / san Leut drauß und des net weni,
    und Bayra (Reichertsbeuerner) ham a Musi gmacht, / und des a wundaschöni.
  3. Es war ein Fest des Landes wohl, / den August den achten,
    wia Griasla ihre Huldigung / dem Reichsverweser brachten.
  4. Da Heiß hat gern a Anred gmacht, / war ganz scho drauf versessn,
    und hat vo lauta ausstudiern / aufs Trinka ganz vogessn.
  5. Und wias nachher is finsta worn, / da Mond hat gschien so prächti,
    an Griaslan eahna Vivatschrein, / dies hat man ghört weitmächti.
  6. Da ham sich d'Wackersberger denkt: / "Des Ding is net zum Lacha,
    es scheint, die Griasla wolln uns heut / a Katznmusi macha!"
  7. Und oana hat zum andern gsagt: / "Sie treims heut nimma länga,
    sie san nit mit da Schneid dahoam, / wir kennas leicht versprenga!"
  8. Wia Griasla 's Bier ham trunka ghabt / bis auf a dritthalb Eimer,
    san Stoa so groß ais wia a Faust / von Hoiz daher gflogn kemma.
  9. Des Ding hat kracht ais wia da Blitz, / san d'Stopsln aussi pfiffa,
    da hat natürlich jeda glei / nach seinem Maßkruag griffa.
  10. Der Tambor laft, ais hättn hait / da Ganggerl scho beim Schibbi,
    alls hat si print(?), laft untranand / wia z'Haching unt im Krippi.
  11. An Krumpn vo da Zistnsag, / den hams am erstn gschossn,
    hat gmoant, es ham eahms Griasla do, / des hätt ihn baid verdrossn.
  12. Da san jetzt d'Wackersberger raus, / ham fort die deutsche Fahna,
    da Jäger is ins Feld heraus / ais Fahnajunker gstana.
  13. Des deutschen Reichsverwesers Bild / hams gschlagn zu tausnd Trümmer,
    an Kling a hams sei Flinkei gstoihn, / des kriagt er weita nimma.
  14. O Freikorps, machts, daß weita kemmts, jetzt hat des Stündl gschlagn,
    wo is denn euer Hauptmann hi, den hams leicht scho beim Kragn?
  15. Oana dort hats viel gscheida gmacht, hat denkt: "Heut hats an Fadn!"
    er steht scho längst im Feld herunt, da kinnans eahm net schadn.
  16. Man darf net allwei Wahrheit sagn / und man hait a net nenna,
    es werd woih doch a jeder Mensch / an Tauberhausl kenna.
  17. Da Schuasta von da Saudroth hint, / was werd jetzt der ofanga?
    Er nimmt an Stecka zwischn d'Füaß, / des Ding is prächti ganga!
  18. Da Schigg hat gschrian: "Was gibts denn da? / O hätt i grad mein Stutzn,
    und wenn i 's Aufisteign probier, / so werds mi hait nix nutzn!".
  19. Da Heß hat gschrian: "Bleibts da, haits zamm, / lafts net davo wia d'Schneida,
    und es drobn seids net gar so dumm, / was tats denn da, gehts weida!"
  20. Und allas macht sich aus dem Staub, / zuletzt sogar da Heher,
    da hätst mit dem bestn Berspektiv / koan Griasla nimma gseha.
  21. Und was ma da draus lerna ko, / is des denn net das Schöna?
    Wia jetzt die Deutschn einig san / und wias anan vostehna.

Qu: KP, S. 209-212, Text. "Handschriftlich von der Reiser-Bäurin bekommen. Schlegldorf bei Lenggries, 12.6.29." Mel: EBES 2003 nach überlieferten Motiven. TA: Hannes Janßen (auch Gitarrenbegleitung), Lenggries, der sich auch intensiv mit der Geschichte dieses Liedes beschäftigt und mehrere Fassungen dokumentiert hat; 16.11.2014, VMA Bruckmühl; VMA/TRL-0401.