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Text zu: "Wo aus so schnell, mein Bauersmagd?" - Cavalier und Bauersmagd

Seit dem 17. Jahrhundert wurde in Adelskreisen das sogenannte "Schäferidyll" als ländlicher Zeitvertreib beliebt. Standespersonen inszenierten sich im Kostüm und in den Formen des vermeintlich einfachen ländlichen Lebens, wobei der Kontakt zur ländlichen Bevölkerung mehr oder minder erfolgreich gesucht wurde.
Ein (adeliger) Cavalier umwirbt in diesem fast szenischen Dialoglied eine Bauersmagd (aus dem einfachen Volk?), die aber - im Gegensatz zu vielen anderen Liedern dieses Genres - nicht auf seine Versprechungen hereinfällt und selbstbewußt die Situation einschätzt. Vielleicht macht sich hier schon die Gedankenwelt der Aufklärung und der französischen Revolution bemerkbar?

  1. (Der Cavalier:) Wo aus so schnell, mein Bauersmagd? / Wo aus so schnell, wohin? / O hör nur, was dein Diener sagt: / daß ich verliebet bin und zwar in dich, / o Schönste mein! Sag an, ob es kann sein. / |: Allein ich bin vergnügt mit dir, / gib nur dein Willen drein. :|
  2. (Die Magd:) Geh weg, mein Herr, laß mich in Fried, / ich muß ins Grasen gehn, ja gehn. / Ich taug für keinen Herren nicht, / kann mich nicht drauf verstehn. / Drum suchet euch ein andre aus / zu Basel in der Stadt. (im Original "Augsburg") / |: Da gehet nur zum Tor hinaus, / da findt man's früh und spat. :|
  3. (Der Cavalier:) Weiß nicht, daß mich die Liebsbegier / von dir nicht weg laßt gehn, ja gehn! / Ich bitte dich herzinniglich, / tu bleibn ein wenig stehn. / Ja, es ist zwar und gar zu klar: / zu Basel gibts viel Leut. (im Original "Augsburg") / |: Alleinig, doch auf dieses Mal / ist mir der Weg zu weit. :|
  4. (Die Magd:) Ich will kein Narr nicht sein so gschwind, / will glauben deinem Wort, ja Wort. / Du halfest mir nur gar zu gschwind / und gingst hernacher fort. / Was fanget ich nach diesem an, / da hätt ich keinen Mann! / |: Du lachtest dir den Buckel voll / und gingst darnach davon. :|
  5. (Der Cavalier:) Hast du denn kein Vertrauen nicht / auf einen Cavalier, Cavalier, / der dich so gar inbrünstig liebt, / und sagt dirs mit Manier, / daß ich dich will in aller Still / verehren ohne Scherz. / |: Ach sei so gütig diesesmal / und lindere meinen Schmerz. :|
  6. (Die Magd:) Ich will dich nicht und mag dich nicht, / geh weg und laß mich hier, ja hier. / Ich sieh dirs an den Augen an: / du bist ein wilder Stier! / Es möchts gleich sehen unser Knecht, / da drunt hat er ang'setzt. / |: Ich will dich nicht und mag dich nicht: / das Wort, da sei das letzt! :|

Qu: Text handschriftlich in den "Stubenberger Liederbüchern", geschrieben um 1800 im unteren Rottal (Bayerische Staatsbibliothek München, Cgm. 7340, Gesängerbuch 1796 bis nach 1815, Teil II, S. 20). Neufassung mit Melodieunterlegung (nach dem zeitgenössischen 1. Satz "Jagdquartett" von Wolfgang Amadeus Mozart, KV 458) für das Volksliedwochenende "Bayerische Geschichte im Lied" in Kloster Seeon, EBES 2001. TA: "Live"-Mitschnitt eines beeindruckenden Vortrages von Daniel Herrmann (Anzing) und Michaela Leidel (Hittenkirchen) bei der Matinee am 21.1.2001 im Festsaal von Kloster Seeon. Die über 200 Besucher waren vom szenischen Vortrag mit persönlichen Interpretationen (D. Herrmann studierte damals in "Basel") hingerissen und sangen bei der Wiederholung mit. Aufnahme und Bearbeitung, Helmut Scholz.