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Text zu: "Dort liegt die Eiche welk und dürr" – [1786]


Am 17. August 1786 starb in Potsdam König Friedrich II. von Preußen, genannt der Große. Der Tod des preußischen Königs bedeutete für die Politik des vereinigten Kurfürstentums Pfalz-Bayern einen nicht unbeachtlichen Einschnitt. Der Text des Liedes nimmt auf die außenpolitische Situation Bayerns indirekt Bezug, in dem er Friedrich II. als „deutsche Eiche“ charakterisiert, unter deren Schutz und Schirm die Souveränität des Kurfürstentums friedlich gewahrt wurde. Ab Strophe 3 wird auf den Einsatz Friedrichs im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778-1779) hingewiesen, in dem er „… unser eigner Fürst...“ für den Erhalt Bayerns agiert hatte. Zwar seien die bayerischen Truppen ähnlich militärisch kühn, wie diejenigen Friedrichs (Strophen 5 und 6), doch bedeutet sein Tod einen schweren Verlust für die Bayern. Die unsichere Hoffnung auf ein ähnlich starkes Eintreten für die Interessen Bayerns wird zwar von Friedrichs Nachfolger erwartet (Strophe 8), doch bleibt in erster Linie das treue Andenken an den Preußenkönig in der bayerischen Bevölkerung bestehen (Strophen 9 bis 11). Auch hierbei handelt es sich um ein Propagandalied, das die enge politische Allianz zwischen Bayern und Preußen beschwört, zu einer Zeit, als der pfalz-bayerische Kurfürst Karl Theodor immer noch von einem Wittelsbacher Königtum in den Habsburger Niederlanden, im Tausch gegen Bayern, träumte. Unerwähnt bleibt die Aversion, die Friedrich II. gegen das, in seinen Augen völlig rückständige und unterentwickelte Bayern hegte. Sein Eintreten für die Souveränität des Kurfürstentums Bayern war einzig und allein dem politischen Kalkül geschuldet. Eine Annexion Bayerns durch Österreich hätte die katholische Macht der Habsburger im Heiligen Römischen Reich weiter verstärkt und zur Gefahr für Preußen werden lassen. Immerhin musste Friedrich befürchten, dass er das in den Schlesischen Kriegen annektierte Schlesien wieder an Habsburg zurückgeben müsste. In der Wahrnehmung vieler Bayern war Friedrich II. (1712- 1786) jedoch der Retter des Landes und in manchem Herrgottswinkel fand sich ein Kupferstich oder ein Hinterglasbild mit seinem Konterfei. (WB)

  1. Dort liegt die Eiche, welk und dürr, / Und wirft uns keinen Schatten,
    In dem wir manchen heißen Tag / Zuvor durchschlummert hatten.
  2. Dort liegt sie, Bayern! abgesägt; / Sie wird nicht wieder blühen.
    Wir müssen nun zur schwülen Zeit / Nach andern Bäumen fliehen!
  3. Der große Friederich ist tot, / Einst unser Schutz und Wehre
    Als wenn er unser eigner Fürst / Und unser Vater wäre.
  4. Es kam zu Tausenden der Feind / Und wollt' uns unterjochen.
    Da riefen wir zu Friederich / Und der hat uns gerochen.
  5. Zwar tapfer sind wir selbst und kühn; / Wir stehen jedem Feinde.
    Doch sind wir viel zu schwach an Zahl / Ohn' Friedrich unserm Freunde.
  6. Vereint mit ihm, da sähen wir / Dem Feinde stolz entgegen
    Und sollt er gegen Wittelsbach / Die halbe Welt erregen.
  7. Doch nun! hier liegt er in der Gruft. / Er wird uns nimmer schützen,
    Wenn gegen unser Vaterland / Der Feinde Röhre blitzen.
  8. O möchte doch sein Vetter sein, / Was Friedrich uns gewesen,
    Und uns, wenn Feinde Ketten drohn, / Von ihrem Joch erlösen!
  9. Der große König – ach! – er war / So gut den braven Bayern.
    Wir wollen immerfort dafür / Sein Angedenken feiern.
  10. Der Vater wird es seinem Sohn / Und der dem Enkel sagen,
    Wie gut es war dem Bayerland / In König Friedrichs Tagen.
  11. Sie werden dann mit Segen noch / Sein Angedenken feiern,
    |: Der keiner war von Wittelsbach / Und doch so gut den Bayern. :|
Qu: August Hartmann: Historische Volkslieder und Zeitgedichte, Band 2, München 1910, Nr. 203: "Alter Druck in der Staatsbibliothek zu München: "Zwey Gedichte auf den Tod König Friederichs des Zweyten in Preussen. Von F. X. Huber. Salzburg 1786". Das erste: Nein! ich hemme sie nicht; hell wie der Abendthau Rollt's vom Aug' mir herab [etc.]. Das zweite (obiges) "Der Bayer am Grabe Friederichs, ein Volkslied." Melodie neu zusammengestellt aus bekannten Motiven EBES 19.3.2006. TA: VMA/THZ-0139; Claudia Harlacher (Germerswang) und Georg Lindmair (Bad Tölz); Hans Auer (Harfenbegleitung, Hammerau); VMA 3.8.2017.