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Text zu: "Gehts hea meinö Boarn" - Kontumaz-Lied

Als 1831 auch in Österreich die Cholera ausbricht, schließen die Nachbarn die Grenzen und richten an wenigen Übergängen Contumazanstalten zur Quarantäne ein. Das Lied macht sich über die verschiedenen Abwehrmaßnahmen an der bayerischen Grenze lustig, wie die militärische Abwehr von unerlaubtem Grenzübertritt, das Räuchern von Schriftstücken oder das Reinigen von Tieren.

  1. Gehts her, meine Boarn, i muaß enk was sag'n, / ös werdt's ma wohl aba varübl nix habn? / |: Ös habts enka Granitz recht wacka besetzt, / daß enk koan bösartige Krankheit ansteckt. :|
  2. De boarischen Füahra, de hand soviel gschickt, / se kennant scho d'Luft, wann sie bösartig is. / |: D'Soldatn, di schiaßnt da Luft glei entgegn, / is des nit a Freud mit dem boarischen Lebn.:|
  3. Znachst bi i halt ar auf de Granitz kemma, / da tat i halt ar a weng umespecha; / |: i siach daß eahn Füahra da Kopf einglast is, / und daß an alta Goaßbock sei Domestik is. :|
  4. De boarischn Dokta de hambt ja alls gwißt, / se sagnt, daß da Goaßbock de Krankheit wegfrißt. / |: Es hambt ja fast alle an Goaßbock bei eahn, / de dort auf da Granitz 's Kommando toant füahrn. :|
  5. Mir hand de Stierwascha, dös woaß i vohear, / de Boarn, de waschnt de Küah und de Pferd; / |: und was 's no alls tan hambt, des sag i enk nit, / se kemmant in Faschingsbriaf, des woaß i gwiß. :|
  6. Auf da Bruckn de Gattern de hand halt wohl gschickt, / weil dran se de Krankheit von Weitn scho schrickt. / |: Se traunt se nit zuawe, ja des woaß i bstimmt, / bis daß da Kommissarö mit de Handschuah aft kimmt. :|
  7. De Briaf de se kriagnt von uns, hand ja vogift, / drum werdn se mit kupfane Zangan recht zwickt; / |: aft geht halt des Gift wieder zruck in sei Land, / und hiaz wird in Boarn gar koa Mensch neama krank. :|
  8. Zan Bschluß, meine Boarn, wünsch i enk viel Glück; / Gott hat unsa Salzburger Land no allwei bschützt. / |: Es brauchts koan Schutz Gottes, heit's selber in Stand, / drum han i Respekt für enka tapferes Land. :|

Qu: Kabarettistisch-kritisches Ereignislied im Stil der "Faschingslieder", die aktuelle Mißgeschicke, Ungereimtheiten oder Fehler von Zeitgenossen schonungslos "derbleckten": Ein Salzburger Texter macht sich lustig über die seiner Meinung nach stark übertriebenen Maßnahmen der bayerischen Nachbarn zur Cholera-Abwehr. Dabei hinterfragt oder karikiert der "Stierwascher" (Spitzname für die Salzburger Bürger) voll hinterkünftigem "Respekt" sowohl Heilmethoden aus der Volksmedizin (z.B. Goaßbock) oder das Abwaschen von Tieren, als auch Kommissäre mit Handschuhen, Grenzposten mit Zangen und Gewehrschüssen oder den Glauben, sich selbst ohne Schutz Gottes vor der Krankheit zu schützen. Dr: Salzburger Volkslieder gesammelt von Maria Vinzenz Süß, Salzburg, 1860, Nr. 32, "Kontumaz-Lied (im Volksmund gewöhnlich 'Contrumaz'), Singweise Nr. 43, mit der Angabe 'Auf die beim Ausbruch der Cholera im September 1831 an der Saalbrücke vorgenommene Gränzsperre und errichtete königlich bayerische Kontumaz-Anstalt'." TA: Hannerl (1.) und Fredl (Baß) Wallner aus Berndorf/Salzburg mit Eva Bruckner (Berchtesgaden) singen den von Süß veröffentlichten Satz (2 Melodiestimmen, 1 Baßstimme); VMA 9.12.2002.