Navigation überspringen.
Startseite

Text zu: "Mei' Dienal hat g'sagt" - Der Busch'n

Der Bua schenkt seinem Dirndl als selbstredende Liebesgabe einen fiktiven (?) "Buschn" mit allerlei Blumen und Kräutern, die im Volksglauben oder für ihn ganz persönlich eine bestimmte, im Lied benannte Bedeutung oder Wirkung haben (sollen).

  1. Mei' Dienal hat g'sagt / s'mächt an Busch'n gern hab'n, / jetz laf i auf d'Wies'n / und brock ihr oan z'am. holdie...
  2. Z'erst nimmi a Veigerl, / A recht a' schön's blau's / Bedeut' ihr schön's Äugerl, / Schaut grad a so aus.
  3. A brinroth's Stoanagerl / Dös bind' i glei' dro, / Und dös schaut sie so roth, / Wie ihr Wangerl fast o'.
  4. Von da Hetschabetschstauden / Da nimm i an Ast, / Bedeut'n die Dorn, / Daß mei Herz hat koa Rast.
  5. Und find i a Klett'n / So nimm is dazua, / Bedeut daß is ewig / Halt nie lass'n thua.
  6. A Schmalzblümerl nimm i / Sis gelb, und bedeut, / Daß i eif'r mit ihr, / Und koan andern net leid.
  7. Vom Felbabam nimmi / A paar Katzerl dazu / Bedeut daß auf Ostern / Is heirath'n thua.
  8. A Kleeblatt versteht si / Dös muß seyn dabei, / Dös wär ma a saub're / Lieb ohne Treu.
  9. Den Busch'n den gieb ihr, / Ko sey, daß vosteht, / Was i selba gern sagat, / Wenn i s Herz dazua hätt.

Qu: Entnommen (in alter Schreibweise) der farbigen Liederhandschrift "Alpenrosen" (Reprint/CD-Dokumentation im VMA). Das Lied "Der Buschn" ist auf dem Liedblatt 7 der Handschrift sehr prunkvoll ausgeführt. Der Text geht wohl auf Ignaz Franz Castelli (1781-1862) und seine "Gedichte in niederösterreichischer Mundart" (Wien 1828) zurück. Auch Halbreiter bringt das Lied 1839 in seinen "Gebirgsliedern" (Heft 2, Blatt 3), ebenso Kobell in seinen "Oberbayerischen Liedern" (München 1860). Das Lied war sowohl mit dem Anfang "Mei Dirnal ..." als auch "Mei Bua ..." gebräuchlich und könnte (nach Otto Holzapfel) als "alpenländisches Modelied" der Mitte des 19. Jahrhunderts bezeichnet werden.
Seit mehreren Generationen ist in Grassau/Chiemgau dieses großformatige, farbig gestaltete Liederbuch "Alpenrosen" in Familienbesitz. Der Maler und Sänger M. Rietzl widmet die darin gesammelten 12 Lieder dem "edlen Freunde des Gesangs Sr. Hochwürden Herrn Joseph Reisenberger". Das Titelblatt und die 12 Blätter mit den Liedern sind reich mit Miniaturmalerei gestaltet, teilweise mit detailgetreu-fantastischen Trachtenabbildungen. Als einzige Zeitangabe findet sich die Jahreszahl "1833". Einige Lieder der Handschrift sind heutigen Sängern noch bekannt.
Die Lieder entsprechen der ab den 1830er Jahren aufkommenden Alpenschwärmerei des Kreises um Herzog Maximilian in Bayern (1808-1888). Dieser Kreis mit z.B. Franz von Kobell (1803-1882), Ulrich Halbreiter (1812-1877) und Eugen Napoleon Neureuther (1806-1882) bewirkte - mit Blick auf den österreichischen Erzherzog Johann (1782-1859) - um 1830-1850 die erste Welle der alpenländischen Volksmusikpflege in Bayern und Deutschland. Die "hohen Herrschaften" entdeckten den Volksgesang und dichteten eigene "Volkslieder" und "Gebirgslieder". TA: Robert Janning (Bad Tölz), Hans Berger (Oberaudorf, Zither), Trachtenheim Hittenkirchen 9.5.1992, VMA TRL 0191.