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Text zu: "Stehe stille, liebe Jugend" - "Trauerlied für Peter Reindl"

Die Arbeit der Holzknechte ist schwer und gefährlich. Auch in den Liedern ist von den Gefahren die Rede, die bei der Holzarbeit drohen. Nicht selten wird bei einem tödlichen Holzunfall ein "Totengedächtnislied" gedichtet, das in vielen Strophen die Gefahren, das Unglück und die Folgen - auch für die Angehörigen - schildert. Eines davon ist das "Trauerlied für Georg Reindl von Inzell". Diese "klingenden Marterl" ergänzen die hölzernen Gedenktafeln, die an den Unglücksstellen in den Wäldern zu finden sind. Mancher darauf wiedergegebene Vers ist einem Lied entnommen.

  1. Stehe stille, liebe Jugend, / komm herbei und schau mich an, / betrachte Gott und auch die Tugend, / sterben mußt du, weißt nicht wann. / Manchem kostet es das Leben, / wo er gar nicht daran denkt, / niemand kann es einem sagen, / wie Gottes Hand oft einen lenkt.
  2. Liebe Jugend, laß dir sagen, / denke öfters doch auch nach, / täglich kannst du Beispiel hören, / wies der Tod oft einem macht. / Zähle nicht auf hohes Alter, / sei zum Sterben stets bereit, / mancher hat es schon erfahren / und muß zu früh in d' Ewigkeit.
  3. Ein solches Beispiel mußt erfahren, / Peter Reindl war er genannt, / ein Jüngling mit 26 Jahren, / war er uns allen gut bekannt. / Zur Holzarbeit ist er gegangen, / die ihm war in seinem Sinn, / aber nicht mit dem Gedanken, / daß er geht zum Tode hin.
  4. In der Früh noch aufgestanden / in Gottes Namen und leicht, / dabei gewiß gar nicht geahnet, / daß der Tod ihn heut erreicht. / Er schont kein Alter, keine Jugend, / fort mußt du aus dieser Welt, / es hilft kein Bitten und kein Klagen, / er nimmt dich weg, wie's ihm gefällt.
  5. Fast unglaublich war dies Schicksal, / gewiß von Gotteshand geführt, / er hat ja nicht mehr weichen können, / war von Schrecken ganz verwirrt. / O wenn die Stunde hat geschlagen, / wo einem aus ist seine Zeit, / so kann keiner mehr so retten, / er muß ja fort in d' Ewigkeit.
  6. Von einem Baume hart getroffen, / sank er nieder totenbleich, / die Kameraden für ihn sprachen, / Jesus Maria, steh ihm bei! / Zur Rettung sofort gleich gegriffen, / wars erste, was man tun ihm kann, / niemand konnte er mehr grüßen, / voll von Wunden war der ganze Mann.
  7. Er wurde in die Heimat gfahren, / o Gott, o welch ein großer Schmerz, / die solch ein Unglück hat erfahren, / Eltern, Geschwistert, Freundesherz! / Ihn zu richten sei uns ferne, / er war ja stets ein guter Christ, / für ihn beten oft und gerne, / das ist wahre Christenpflicht.
  8. Auch Nachbarsleut und Pfarrgemeinde, / all' Kameraden bitt ich noch, / tut ihm alle doch verzeihen, / macht ihm keine Leiden dort. / Denke öfters auch ans Sterben / unter Tags bei Arbeit auch, / rettet euch von dem Verderben, / das ist schönster Christenbrauch.
  9. Die Eltern mußten es erleben, / wie man ihn senkt ins Grab hinab, / die Geschwister um ihn weinen, / weil ers so schnell verlassen hat. / Man muß verlassen diese Erde / oft in einer kurzen Zeit, / doch werden wir uns wiedersehen / in der ewigen Seligkeit.

Qu: Aus der "Sammlung Oberbayrischer Volkslieder" (München 1934. S. 54) von Kiem Pauli, der dieses Lied bei einer Sammelreise im Jahr 1927 erhalten hat: "Am 24. September entwurzelte sich aus freien Stücken eine Buche und erschlug den 26 Jahre alten Holzarbeiter Peter Reindl aus Sulzbach bei Inzell; das Unglück geschah im unteren Ostertal bei der Hörndlwand. Text bekommen von Benefiziaten Bergmeier, Ruhpolding. Melodie vorgesungen von Walpurga Zach, Bibilöd bei Ruhpolding, 1927." Nach Auskunft der Gemeinde Inzell und seiner Nichte Gitta Gaisreiter ist Peter Reindl am 21. Juni 1868 geboren und wurde am 24. August 1894 bei der Holzarbeit von einem Baum erschlagen. TA: Gitta und Sepp Gaisreiter (auch Bandoneon), 9.12.1995 VMA.