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Text zu: Ein neues Liedlein, die evangelische Lehre betreffend – [1521/1524]


Kurz nach dem Reichstag von Worms (zwischen 1521 und 1524) gedichtet entwickelt sich dieses Lied zu einem der meistgesungenen Trutz- und Kampfgesänge unter den reformatorischen Truppen. Diese Fassung geht auf ein Straßburger Liedblatt zurück. In anderen Liedflugschriften wird ein Konrad Kern als Dichter genannt.
Inhaltlich umfasst das Lied (vgl. Franz M. Böhme) nach dem Eingang (1) fünf Themenkomplexe: (2-4) Loblied auf Martin Luther (1483-1546), der es mit seiner Intelligenz leicht zum Kardinal geschafft hätte, (5-8) Kritik am Papst, der die einfachen Leute mit dem Ablass um ihr Geld und um ihr Seelenheil bringt, (9-13) Kritik an den Klöstern, die anstatt die Armen zu unterstützen selbst in Saus und Braus leben, (14-17) einen Bezug zum Wormser Reichstag 1521 und die Verbreitung der lutherischen Lehre, die von katholischer Seite bekämpft wird. Nur Kurfürst Friedrich (von Sachsen, 1463-1525) sei Luther beigestanden, wofür ihm die deutsche Nation Dank schulde, und schließlich (18-22) die Bitte um Gottes Gnade und Barmherzigkeit.(WK)

  1. Es get ein frischer sommer doher, / do werdt ir hören newe mär,
    der schimpf der wil sich machen:
    Wird über münch und pfaffen gen, sie weinen oder lachen. (WH: Volk)
  2. Martinus ist ein küner man, / ein groß spil hat er gefangen an,
    er darf nicht würfel noch karten,
    Dann wer mit im studiren wil, der heilig schrift tut er warten. (WH: Volk)
  3. Der Luther hats nit wol besonnen: / wer wol zu großen eren kommen,
    het er dem bapst tun schweigen,
    Ein cardinal der wer er worden, tet in zu bischof weihen. (WH: Volk)
  4. Das hat Martinus nit wollen ton, / darumb tut in der bapst in ban,
    sein leib und sel verdammen:
    Do fragt Martinus nit vil nach, in brent die christlich flammen. (WH: Volk)
  5. Der bapst wil sein der heiligst man, / ja wer das redt, der lügt in an,
    sein tun ist nichts denn lügen;
    Er schickt genad in alles land, die armen zu betrügen. (WH: Volk)
  6. Der bapst schreibt sich ein irdischen got, / damit treibt er aus got den spot,
    er hat ein menschenleben;
    Wenn er von uns empfacht das gelt, vil sünd tut er vergeben. (WH: Volk)
  7. Der bapst der fürt ein harten orden, / er ist zu Rom ein kaufmann worden,
    im land tut er nun laufen,
    [Die] Gottes gnad gibt er umb gelt, wer die von im wil kaufen. (WH: Volk)
  8. Umb einen pfennig oder zween / fünftausend jar hundert Carén [= Ablass]
    die gnad brief tun sie schreiben,
    Es möcht ein gute meinung sein, giengs zu mit schönen weiben. (WH: Volk)
  9. Die klosterbrüder sein auch ein spil / und die ich jetzund nennen will,
    sie laufen auf dem lande,
    Und gäb man in des keisers gut, sie nämens on alle schande. (WH: Volk)
  10. Do bei so habens guten mut, / ja mit der armen schweiß und blut,
    es möcht wol gott erbarmen,
    Daß sie do leben in dem sauß, wöllen doch sein die armen. (WH: Volk)
  11. Ir kasten und keller stecken voll, / sie trinken, daß sie werden toll:
    soltens eim armen geben
    Ja nur ein gab eins pfennings gut, es müst e gelten sein leben. (WH: Volk)
  12. All zins und gült hant's an sich bracht, / das sie's schier als besitzen nacht,
    hant doch die armut geschworen,
    Noch geben ir etlich mer darzu, wie sind sie so groß toren! (WH: Volk)
  13. Ach, wie sind unser sinn verkert! / hat uns solch armut Christus gelert?
    oder hat es ton sant Peter?
    Geben wir den armen handwerksleuten, den tät es gar vil nöter. (WH: Volk)
  14. Wenn Luthers ler so unrecht wär, / sie wär nit kommen je bis her,
    zu Wormes wärs verdammet,
    Do so vil saßen der roten pireth [Barett], und der schauben von sammet. (WH: Volk)
  15. Der keiser in seiner majestat, / darzu der deutschen fürsten rat,
    falsch geistlich und auch leien:
    Do stund der Luther hochgelert, wolt keiner an den reien. (WH: Volk)
  16. Der mit Luther het dürfen disputirn, / sagt wol sunst von blauen zwirn,
    wolten den fuchs nicht beißen:
    So er mit ere ist von in kummen, wöllen sie erst sein die weisen. (WH: Volk)
  17. Herzog Friedrich ist ein frommer fürst, / den nach göttlicher warheit dürst,
    der ist frei beigestanden:
    Des bedank sich deutsche nation gen sachsischen landen.
  18. O gott in deinem höchsten thron, / wölst den großen irtumb unterstan,
    deins volks, von dir erkoren,
    Teil uns mit dein barmherzigkeit, deiner einig geliebten scharen! (WH: Volk)
  19. So's nit mag bschehen on dein wort, / so ist es je ein kleglich wort
    das wir uf uns selbst bawen,
    Wie künten wir immer gwisser sein, dann wann wir dir vertrawen! (WH: Volk)
  20. So du ein gott bist on betrug, / die menschen nichts dann eitel lug,
    was tun wir uns vermessen?
    Daß wir so bawen auf den sand, hant deines worts vergessen. (WH: Volk)
  21. O gott, wir begern von dir huld, / wie wol’s ist unseren öbern schuld
    daß wir so sind verblendet:
    So wir kein christlich lieb mer hant, sind wir billig geschendet. (WH: Volk)
  22. Verleih uns gnad, ewiger gott, / erzeig uns hilf in diser not
    des leibs und auch der selen,
    Erleucht uns mit dem worte dein, daß wir des wegs nit felen! (WH: Volk)
Qu: Entnommen aus "Altdeutsches Liederbuch – Volkslieder der Deutschen nach Wort und Weise aus dem 12. bis zum 17. Jahrhundert, gesammelt und erläutert von Franz M. Böhme" (Leipzig 1876, 2. Auflage 1913, Nr. 387). Buchstabengetreue Wiedergabe des Textes (Einfügung bei Str. 7), der wohl schon um 1524 in Flugblättern Verbreitung fand. Die Melodie haben wir aus überlieferten zeitgenössischen Motiven neu zusammengestellt; EBES 2.7.2017. V: Liedflugblatt zum Thementag "Klingende Reformation" am 8.7.2017 in München-Sendling; und "Auf den Spuren von Martin Luther und der Reformation – Deutschland und Oberbayern" (VMA 2018, S. 514).TA: VMA/THZ-0143; Vorsänger: Eva Bruckner, Volk: Claudia Harlacher, Wolfgang Killermann, Friedrich Linner (auch Gitarre), Johannes Mangels, Leonhard Perl, Erich Strobl; VMA 4.8.2017.