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AdS 10 - Auf den Spuren der Westpfälzer Wandermusikanten

Titelseite

Mit Beiträgen über die Volksliedsammlung in der Pfalz, Auswanderer und Auswandererlieder, das Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, die Musikantendörfer und die Wandermusikantenmuseen

Bearbeitet von Otto Holzapfel und Ernst Schusser

Vorwort
Zum neunten Mal begeben sich oberbayerische Volksmusikanten und ihre Freunde "Auf die Spuren von ...". Mit dieser Veranstaltungsreihe möchte das "Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern" interessierten Volksmusikanten aus allen Teilen Oberbayerns die Gelegenheit geben, vor Ort der Tätigkeit großer Volksmusiksammler und -forscher nachzuspüren oder die Heimat wichtiger und einflußreicher Persönlichkeiten der oberbayerischen Volksmusik kennenzulernen. Diese Fahrten sollen in praxisnaher und geselliger Weise Einblick in die Oberbayern umgebenden einflußreichen Musiklandschaf-ten gewähren. Dabei wird in enger und freundschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg und seinem Leiter Prof. Dr. Otto Holzapfel sowohl über Leben, Werk, Veröffentlichungen und Bedeutung der Sammler und Forscher informiert, als auch der Bezug zu Oberbayern und zu den heutigen Sängern und Musikanten bekannten Liedern, Musikstücken, Entwicklungen und Erscheinungsformen hergestellt.

Zu jeder Fahrt wird ein Heft zusammengestellt mit nötigen Informationen, Liedern, Beispielen, usw. Das Heft und die Veranstaltung soll auch die freundschaftliche Zusammenarbeit des Bezirks Oberbayern mit Personen und Institutionen der Volksmusikforschung und -pflege in den besuchten Regionen dokumentieren. So haben uns heuer die Herren Direktor Karl Scherer und Roland Paul vom "Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde" entscheidend unter die Arme gegriffen. Auch die Verantwortlichen und Mitarbeiter im Landkreis Kusel haben geholfen: Das Musikantenland-Museum auf der Burg Lichtenberg, sein Gründer Paul Engel, die Heimatforscher Ernst Schworm, Werner Schneider und auch H.-J. Vollmer (Landkreis Kaiserslautern) haben Beiträge zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich bei den Kollegen für das Bereitstellen von Informationen und die Hilfestellung. Ohne diese Bereitschaft zur Zusammenarbeit wäre es unmöglich gewesen, in diesem Heft und auf unserer Fahrt einen Einstieg zu schaffen in das Wesen des Wandermusikantentums der Westpfalz, das wir besonders an Beispielen im Landkreis Kusel uns vor Augen führen wollen.

Das Wandermusikantentum entwickelte sich in der Westpfalz im 19. Jahrhundert. Überbevölkerung und wirtschaftliche Not brachten die Menschen dieser Region dazu, sich diesem neuen Erwerbszweig zuzuwenden. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts bereisten die Pfälzer Wandermusikanten bereits ganz Europa und in zunehmendem Maße die gesamte "zivilisierte" Welt. In Kapellen bis zu 15 Mann zogen sie hinaus um mit Gebrauchsmusik, Ouvertüren, Potpouris, Tänzen und Liedern das Publikum zu unterhalten. Dabei musizierten sie aus ihrem handgeschriebenen Notenmaterial für Streich- und Blasmusik. Sie spielten in Kaffeehäusern, auf Vergnügungsschiffen, in Badeorten oder im Zirkus. Die Musikmeister stellten im Herbst die Reise zusammen, regelten die Engagements, ließen schmucke Uniformen schneidern und probten den ganzen Winter über. Im Frühjahr ging die Reise los nach Nord- und Südamerika, China, Australien oder in europäische Länder. Die Frauen und Kinder wurden zu Hause gelassen. Der wirtschaftliche Erfolg blieb nicht aus. Die Musikantenfamilien konnten sich mit den Gagen kleine mitunter reichverzierte Häuser bauen, sogenannte "Musikantenhäuser", die für die Gegend typisch sind. Es konnte Land erworben werden, und auch das heimatliche Handwerk erfuhr einen Aufschwung.

Glaubt man den Erzählungen von Gewährsleuten in Oberbayern, so haben die Pfälzer Wandermusikanten auch hier "Gastspiele" gegeben: In München, im Raum Neuburg, in Landsberg (wo einige bei der Militärmusik dienten), aber auch im Raum Rosenheim (z.B. in Großkaro-linenfeld). Diese "kleinen" Musikreisen nach Bayern müssen die Ausnahme gewesen sein, wenngleich das Mitwirken Pfälzer Musikanten bei großen Volksfesten in Oberbayern (z.B. Oktoberfest) durchaus üblich war. Vielfach traten die Pfälzer in "Dachauer", "Oberlandler" oder "Schlierseer" Tracht auf und nannten sich auch so. Sie spielten dabei auch gängige Landler, Polkas und andere "oberbayerische" Musik.

Dieses Wandermusikantentum wird im Musikantenland-Museum auf Burg Lichtenberg im Landkreis Kusel dokumentiert. Dieses wollen wir auf unserer Reise besuchen. Paul Engel hat das Museum aufgebaut, das mit Photos, Instrumenten, Originalnoten, Hausrat, Möbeln und lebensgroßen Figuren, verbunden mit didaktischer Aufarbeitung einen hervorragenden Einblick in das Leben und Wirken der Wandermusikanten gibt.

Die Fahrt und dieses Begleitheft zeigt engere volkskulturelle Verbindungen zwischen der Pfalz und (Ober-)Bayern auf, von der historisch-politischen Bindung Pfalz-Bayern ganz zu schweigen. Sowohl im Musikantenwanderungs- und Auswandererwesen aber auch in der romantischen Volksmusikschau und -darbietung des 19. Jahrhunderts, in der Mundartdichtung und "Volksliedsammlung" z.B. eines Franz von Kobell (1803-1887) - überall treten Ähnlichkeiten und parallele Entwicklungen auf. Auch den "Bezirk Oberbayern" und den "Bezirksverband Pfalz" verbinden freundschaftliche Beziehungen. Und wiederum zeigt sich, daß Volksmusik nichts Statisches, nichts Totes ist und es sich nicht von den Menschen, ihrem Leben und ihrem Schicksal trennen läßt.
[Ernst Schusser]

Inhaltsverzeichnis:
  • Vorwort
  • Ablauf der Fahrt
  • Landkarten
  • Der Bezirksverband Pfalz
  • Das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde
  • Die Geschichte der Pfalz von den Anfängen bis heute
  • Der Jäger aus Kurpfalz
  • Zur Auswanderung aus Pfalz vom 17. bis zum 20. Jahrhundert
  • Über Auswandererlieder
  • Auswandererlieder (S. 21 anschauen) (S. 22 anschauen)
  • "De Guguck"
  • Gedanken zur Auswanderung aus der Pfalz nach Nordamerika (S. 56 anschauen)
  • Was die Pfälzer in der Welt singen
  • Die Westpfälzer Wandermusikanten (S. 76 anschauen)
  • Musik-Export aus der Heimat in die weite Welt
  • Musiklandschaft - wissenschaftlich erforscht
  • Die Reise über den großen Teich
  • Das westpfälzische Musikantentum, seine Entstehung, seine Eigenart und seine Auswirkung (Jettenbach)
  • Auf den Straßen der Welt
  • Musikantenhäuser in Jettenbach
  • Musikantenmuseum in Mackenbach
  • Photographische Eindrücke (Musikantenland-Museum)
  • Photographische Eindrücke (Musikantenmuseum Mackenbach)
  • Musikantenphotos
  • Musikantenhäuser einst und jetzt
  • Fünf Lieder aus der Pfalz (Tonaufnahmen Vorholz)
  • Liedaufzeichnungen aus Etschberg bei Kusel
  • Liedtextaufzeichnungen von Heeger im DVA
  • Die Liedersammlung von Heeger und Wüst in der Pfalz
  • Volkslieder aus der Rheinpfalz - Auswahl (S. 179 anschauen)
  • Vierzeiler, Tanz- und Scherzlieder
Diese Zusammenstellung erscheint anläßlich einer Veranstaltung des Bezirks Oberbayern vom 5.-7. Mai 1995 in der Reihe "Auf den Spuren von ...".

Eine Veröffentlichung des Bezirks Oberbayern,
Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern, Friedrich-Jahn-Str. 3, 83052 Bruckmühl, Telefon 08062/5164, Fax 08062/8694.
"Auf den Spuren von ...". Heft 10.
Redaktion und Gestaltung: Ernst und Margit Schusser
Mitarbeit: Eva Bruckner, Paul Engel, Otto Holzapfel, Roland Paul, Karl Scherer, Werner Schneider, Ernst Schworm, H.-J. Vollmer.
München 1995.
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Volksliedarchiv, Silberbachstr. 13, 79100 Freiburg i.Br.
und dem Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Benzinoring 6, 67657 Kaiserslautern.

Inhalt: Texte, Lieder, Noten, Nachdrucke, Handschriften, Abbildungen,
Umfang: 192 Seiten, Format ca. 17 x 24 cm.

Selbstkostenpreis: 7,50 €
Bestellnummer: AdS-10
Kurztitel: Westpfalz